Mit Marion verlebte ich ein wunderschönes anfallsfreies Jahr. Wir haben gemeinsam viel unternommen, und hatten eine spannende Zeit. Meine AnfĂ€lle waren fast in Vergessenheit geraten. Keppra half unglaublich gut, auĂer MĂŒdigkeit hatte ich kaum Nebenwirkungen. Ich war sehr glĂŒcklich, alles war so unbeschwert. Eine kleine EinschrĂ€nkung gab es. Im MĂ€rz 2003 begannen meine Lymphknoten im ganzen Körper anzuschwellen. Ich wurde vorsichtig und ging zur Endokrinologie und lieĂ mich untersuchen. Zur Sicherheit wurde mir rechts am Hals ein Lymphknoten entfernt, es gab aber keinen spannenden Befund, alles war in Ordnung.
Am 16. April 2003 war es dann so weit, ich war ein Jahr anfallsfrei. Ich war Frau Dr. Schmitz unglaublich dankbar, dass mein Körper so gut auf das Keppra angeschlagen hatte. Am 23. Mai hatte ich zwei Flaschen Sekt besorgt und bin zu ihr in die neurologische Ambulanz gefahren und wollte mich bedanken. Sie freute sich mit mir, es war ein wunderschöner Arztbesuch. Abends bin ich dann noch zu Penny einkaufen gegangen. Ich ĂŒbernachtete bei Marion und spĂ€t am Abend stellte ich fest, dass ich mein Portmonee bei Penny liegen gelassen hatte.
Am nĂ€chsten Morgen wollte ich gleich frĂŒh aufstehen, um das Portmonee zu holen. Um acht Uhr machte Penny auf. Es war ein Weg von etwa einem halben Kilometer.
Auf dem Weg bekam ich plötzlich sehr starke Kopfschmerzen. Ich konnte mir das nicht erklĂ€ren. Ich fiel zu Boden. Ich stand wieder auf, rappelte mich hoch. Ich dachte nur an das blöde Portmonee und wankte weiter. Wieder schoss mir der Schmerz in den Kopf, schon war ich erneut am Boden. Es war absolut unerklĂ€rlich fĂŒr mich. Von meiner Epilepsie kannte ich so etwas nicht.
SchlieĂlich erreichte ich das GeschĂ€ft. Die PennyverkĂ€uferin konnte sich noch an mich erinnern und ĂŒbergab mir das Portmonee. Alles Geld und meine Papiere waren noch drin. Ich schrie auf. âWas ist mit ihnen?â fragte sie sehr besorgt. âIch weiĂ es nicht, Kopfschmerzenâ sagte ich. Dann bin ich raus, und machte mich auf den RĂŒckweg in Marions Wohnung. Auf dem Weg bin ich noch ein paar Male hingestĂŒrzt und war völlig erschrocken von diesem unglaublichen Schmerz. Mein Nacken war steif, ich fing an, zu kotzen. Mitten auf der StraĂe. Dann erreichte ich schlieĂlich Marions Wohnung und schleppte mich die zwei Treppen herauf. Ich klingelte, sie öffnete die TĂŒr. âIch hab was ganz Schlimmesâ sagte ich ihr ganz aufgeregt, ich schrie wieder lauthals auf. âKopfschmerzen, ruf den Notarztâ brĂŒllte ich. Dann warf ich mich aufs Bett, und wurde fĂŒr einen Moment ohnmĂ€chtig. Ich erwachte und schrie wieder.
Minuten spĂ€ter standen der Notarzt und die SanitĂ€ter in der Wohnung. Wieder schrie ich auf vor lauter Schmerzen. Sie legten mich auf eine Trage und brachten mich zum Krankenwagen. Mein Nacken war so unendlich steif, ich kotzte dem SanitĂ€ter auf die FĂŒĂe. Der Schmerz war grausam, ich fiel wieder in Ohnmacht. 10 Minuten spĂ€ter waren wir im Virchow in der medizinischen Notaufnahme. Ich schrie, wie am SpieĂ. Die Notaufnahme war total ĂŒberfĂŒllt. Meine Trage wurde in einen Nebenraum geschoben und die TĂŒr wurde geschlossen. Ich dachte, das kann doch nicht sein, warum tut keiner was. Ich griff zu meinem Handy in der rechten Hosentasche und rief Marion an. âKomm Marion, hilf mir, die haben mich abgeschobenâ wimmerte ich ins Telefon. Marion war dem Notarzt ins Virchow gefolgt. Ich wurde wieder ohnmĂ€chtig in diesem grausamen schummrigen Zimmer. Als ich die Augen öffnete stand Marion mit einem Arzt neben meiner Trage. Dann setzte mein Erinnerungsvermögen aus, ich fiel ins Koma.
Als ich wieder erwachte, waren 3 Tage vergangen.
Ich lag voll verkabelt und ĂŒberwacht auf der Neurochirurgischen Intensivstation im Virchow.
âSie hatten eine Subarachnoidalblutung, wir haben sie gecoiltâ sagte ein Pfleger plötzlich zu mir. Er hatte bemerkt, dass ich erwacht war. Ich verstand nur Bahnhof. Ich war mir auch ĂŒberhaupt nicht bewusst, was los war, wie es mir ging, ich musste erstmal nachdenken. Langsam dĂ€mmerte mir, dass ich starke Kopfschmerzen hatte. Ich konnte mich erinnern. Dann tastete ich meinen Kopf und Körper ab. War alles noch dran? Ich bewegte Arme und Beine, prĂŒfte mein GefĂŒhl. âIch muss auf Kloâ sagte ich plötzlich. Der Pfleger schaute mich prĂŒfend an. âDas kann nicht sein, Sie haben einen Blasenkatheterâ antwortete er.
Es dauerte wohl noch so einige Stunden, bis ich begriffen hatte, dass ich unendlich viele Schutzengel gehabt hatte. Das ich noch denken und mich bewegen konnte, dass alles noch heil war. Ich dankte Gott.
Am spÀten Nachmittag kam Marion zu Besuch. Wir schlossen uns fest in die Arme. Ich war ihr wahnsinnig dankbar, dass sie mir so sehr zur Seite stand.
p.s. ich muĂ zur erstbehandlung in der charitĂ© schreiben: ich hatte 2003 keine fĂ€higen Ă€rzteâŠ. der erste neurochirurg, der mich dort in der notaufnahme behandelt hatâŠ. war der totale volltrottelâŠ. ich war morgens um 8:14 uhr in der notaufnahme angekommenâŠ. dann hat er das erste ct falsch befundet und vertauschtâŠund mich liegen gelassenâŠ. erst um 23:00 uhr kam ich in die angiografie zum coilingâŠ.15 stunden !!!!⊠war nix passiertâŠ..es war eine blutung grad IV âŠ.. hunt&hessâŠ. auf seinem arztbrief hat er hinterher nur grad I notiert⊠er war ja nur âarzt im praktikumââŠ. als ausrede bekam ich zu hörenâŠda seien noch 4 andere schlaganfĂ€lle ich der notaufnehme zur selben zeit gewesenâŠund man fĂŒhlte sich von meinem lauten, vor schmerz schreien gestörtâŠ.bis ich ins koma fielâŠ..nur meine damalige freundin war aufmerksamâŠ. doch damit nicht genugâŠ.vor lauter schlechtem gewissen und angst, daĂ ich die charitĂ© im nachhinein verklage, bekam ich in der gesamten zeit ein einzelzimmer, top essen und die leitende oberĂ€rztin kam tĂ€glich zu mir ins zimmer und erkundigte sich nach meinem wohlbefindenâŠ. alle taten superfĂŒrsorglich⊠weil allen bewuĂt war, daĂ sie schuld hĂ€tten, wenn ich doch abkackeâŠ.. total pervers und hat nicht den namen charitĂ© verdientâŠ.. am ende hab ich mir gesagtâŠ. wenn ich sie jetzt verklage, macht das den kohl auch nicht fettâŠ.
Ich schreibe jetzt mal eine kleine RĂŒckschau zu dieser Erkrankung und mache eine Zusammenfassung:
Im Mai 2003 hatte ich also aufgrund eines geplatzten linken pica Aneurysmas eine Subarachnoidalblutung. Noch in der gleichen Nacht wurde das pica Aneurysma in der CharitĂ©, Campus Virchow Klinikum gecoilt (PlatinknĂ€uel wird ĂŒber die Leiste in das Aneurysma geschoben, damit wird der Blutfluss gestoppt). WĂ€hrend dieser Angiographie wurde noch ein media Aneurysma rechts gefunden. 2 Monate spĂ€ter, im Juli 2003 wurde dieses rechte media Aneurysma geclippt (in einer offenen SchĂ€del OP wird ein Titanclip an der Arterie platziert und damit das media Aneurysma abgeklemmt). AnschlieĂend war ich 3 Wochen in der Reha Behandlung in der Havelklinik in Berlin Spandau.
Im MĂ€rz und im April 2004 hatte ich eine TIA (transitorische ischĂ€mische Attacke), die durch das gecoilte pica Aneurysma verursacht wurden. Man entschloss sich das linke, gecoilte pica Aneurysma zu clippen. Das geschah dann im Mai 2004. Am 27.05.2004 kam ich ins Virchow (OP am 28.05.2004) und wurde am 10.06. entlassen und bin dem lieben Gott und den Ărzten und PflegekrĂ€ften der Station 2 der CharitĂ©, Campus Virchow Klinikum sehr dankbar. Leider ist nun aber zwar das pica Aneurysma geclippt worden, aber durch die OP kam es zu Paresen (LĂ€hmungen) an Gehirnnerven (linksseitige StimmlippenlĂ€hmung mit Schluck- und Sprachproblemen, vier Paresen (Nervus glosso pharyngeus IX + hypoglossus XII + vagus X + accessorius XI), sowie hammerharten, z. Zt. pharmakoresistenten Kopfschmerzen).
Vom 19.06. â 25.06.2004 war ich stationĂ€r im Evangelischen Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge, um die Kopfschmerzen behandeln zu lassen â ab dem 25.06.2004 war ich wieder zuhause und hoffte, dass nun alles gut wĂŒrde â und superkomplizierte âHomepagebasteleiâ ist gegen die Kopfschmerzen besser und empfehlenswerter, als Opiate oder Lidocain InfusionenâŠ:-)))âŠ. Nach etwa einem halben bis dreiviertel Jahr waren die Paresen besser, es ging mir den UmstĂ€nden entsprechend gut.
Im Juni 2010 und Sonntag, den 5.12.2010 hatte ich TIA Probleme und bin ins Vivantes Klinikum Friedrichshain gefahren. Am 8.12.2010 wurde ein MRT gemacht und ein neues media Aneurysma gefunden. Am darauffolgenden 10.12.2010 wurde eine Angiografie zur BestÀtigung gemacht. Es fand sich sowohl das neue media Aneurysma, als auch ein neues pica Aneurysma. Am Wochenende hatte ich Krankenhausurlaub und sollte mich Montag den 13.12.2010 in der Neurochirurgie des Vivantes Klinikums Friedrichshain bei Prof. Moskopp vorstellen und stationÀr aufgenommen werden.
Es kotzte mich an, ich war nur noch fertig, und dachte ich hĂ€tte 2003 und 2004 alles ĂŒberstanden!!!
Jetzt war ich schlauer. Das pica Aneurysma sollte gecoilt (Platindraht wird ĂŒber die Leistenarterie zum KnĂ€uel in das Aneurysma geschoben) werden, evtl. musste ein Stent in die Hirn Arterie geschoben werden. Damit der Blutfluss gewĂ€hrleistet bleibt und es nicht zu Verklumpungen kommt, muss ich BlutverdĂŒnner ĂŒber mindestens 1 Jahr schlucken. Mit BlutverdĂŒnner kann aber nicht operiert werden, deshalb wird vorher das media Aneurysma geclippt. Freitag, den 17.12.2010 ist der Clipping Termin â also die groĂe OP mit Kopf aufsĂ€gen etc⊠Boah, mir war schon ganz andres.
SchlieĂlich habe das media Clipping ĂŒberstanden, ein herzliches Danke an Herrn Prof. Dr. Moskopp aus dem Vivantes Klinikum im Friedrichshain.
Was dann noch blieb, und auĂerordentlich kompliziert verlief, war das neue, linke pica Aneurysma, welches aufgrund der Paresen von 2004 am besten nicht geclippt werden sollte. Allerdings ist ein Coiling nahezu unmöglich. Die pica Arterie ist nur 1mm dick, und von dort geht das neue pica Aneurysma ab. Alles Ă€uĂerst schwierig.
Ich hatte einige Hilferufe per E-Mail an die fĂŒhrenden Neuroradiologen in Deutschland verschickt und um Hilfe gebeten. Ich erhielt sehr nette und hilfreiche Zuschriften. Prof. Dr. RenĂ© Chapot aus dem Alfried Krupp Krankenhaus in Essen hat dann das pica Aneurysma gecoilt. Am 16.03.2011 bin ich nach Essen gereist, am 17.03. war das Coiling. Ich war fĂŒrchterlich aufgeregt und hoffte, dass nun alles gut wĂŒrde.
Meine Aufregung und Sorge war unbegrĂŒndet. Prof. Dr. Chapot hatte das pica Aneurysma wunderbar gecoilt, zusĂ€tzlich hatte er einen Stent eingebaut. Es ging mir wieder gut.
Jetzt musste ich mal rechnen:
Mittwoch, den 16.03.2011 bin ich um 8:50 in Berlin los, war 12:35 in Essen
sofort vom Hauptbahnhof mit dem Taxi in die Klinik
dann zur Anmeldung und Aufnahme
alles am Nachmittag: EKG, Blutabnahme, MRT, Blutgaswerte, AnÀsthesiegesprÀch, ArztgesprÀch, AufnahmegesprÀch mit dem Pflegepersonal
um 16:30 war alles erledigt, ich bekam nachtrÀglich mein Mittagessen
um 18:30 kam Prof. Dr. Chapot ins Zimmer und fĂŒhrte mit mir das entscheidende GesprĂ€ch â er nahm sich Zeit fĂŒr alle meine Fragen und war sehr nett.
um 24:00 die letzte Zigarette.
dann Donnerstag um 7:00 runter zum Coiling â 11:00 fertig â auf Intensiv mit Druckverband und Blasenkatheter (sehr angenehm, weil ich immer so viel trinke).
von 11:00 bis 11:00 am Freitag 24h stramm liegen
dann Freitag 11:00 Entfernung von Druckverband und Blasenkatheter, Mobilisierung durch das Pflegepersonal â ich darf mich anziehen und eine rauchen gehen
dann alles normal, Essen, Spazierengehen, rauchen â ich war sogar am Samstag um 16:30 in der Kapelle zum evangelischen Gottesdienst â alles super
dann Sonntag nach dem FrĂŒhstĂŒck Abreise. Ein Taxi brachte mich um 9:00 zum Hauptbahnhof
ICE um 10:23 nach Berlin â Ankunft Berlin: 14:30
das war`s â alles easy going.
Ach so, BlutverdĂŒnner musste ich ab jetzt schlucken: Plavix morgens 75mg (3 Monate lang), ASS morgens 100mg lebenslang.