Studie übers letzte Abendmahl:
Was auf den Tisch kommt, wird gegessen
Wie groß sind die Brotlaibe? Und was kommt dazu auf den Tisch? Zwei US-Forscher haben Abendmahl-Darstellungen aus den vergangenen tausend Jahren untersucht. Denn die Gemälde sollten Nahrungsknappheit oder -überfluss in ihrer Epoche wiederspiegeln.
Nahrungsknappheit ist bei uns kaum ein Thema. Im Gegenteil: Ein großer Teil der Deutschen ist übergewichtig, die Portionen auf den Tellern sind also nicht zu klein, sondern zu üppig. Nach Angaben von zwei US-Forschern ist dies Teil eines Trends, der bereits seit eintausend Jahren zu erkennen ist.
Die beiden Wissenschaftler haben sich eines ungewöhnlichen Mittels bedient, um ihre These zu untermauern: Sie untersuchten diverse Gemälde, die das letzte Abendmahl, bei dem Jesus mit seinen Jüngern speist, als Motiv haben. “Die vergangenen tausend Jahre haben deutliche Verbesserungen bei der Herstellung, Verfügbarkeit, Sicherheit, Fülle und Bezahlbarkeit von Nahrungsmitteln gebracht”, schreiben Brian und Craig Wansink in der aktuellen Ausgabe des “International Journal of Obesity”. “Gehen wir davon aus, dass Kunst dem Leben nachempfunden ist und dass Nahrungsmittel im vergangenen Jahrtausend zunehmend verfügbar waren, sollte sich dies auch in den Portionen auf den Gemälden widerspiegeln.” Brian Wansink unterrichtet Marketing und angewandte Wirtschaft an der New Yorker Cornell-Universität, sein Bruder lehrt Religionswissenschaften am Virginia Wesleyan College in Norfolk, Virginia.
Die Brüder untersuchten 52 der populärsten Abendmahl-Bilder, die seit dem Jahr 1000 gemalt wurden – darunter auch die berühmte Darstellung von Leonardo da Vinci, das zwischen 1495 und 1497 entstand. Mit einem computergesteuerten Messprogramm verglichen sie die Größe der Teller, der darauf servierten Portionen und des dazu gereichten Brotes. Um die Daten maßstabsgerecht zu erfassen, setzten die Wissenschaftler sie ins Verhältnis zur jeweiligen Kopfgröße der Jünger.
Das Ergebnis: Die Größe der Teller nahm um 66 Prozent zu, die der Portionen um 69 Prozent und die der Brotlaibe um 23 Prozent. Dabei sei der Anstieg zwischen den Jahren 1500 und 2000 noch größer als der zwischen 1000 und 1500.
Dem neuen Testament zufolge fand das letzte Abendmahl während des jüdischen Pessach-Festes statt, am Tag bevor Jesus verraten und ans Kreuz geschlagen wurde. Dass Wein und Brot gereicht wurden, ist vermerkt, anderes Essen allerdings nicht. Auf fast der Hälfte der Gemälde (46 Prozent) ist demnach kein Hauptgang abgebildet. Gibt es ein solches Gericht, ist es meist Fisch (18 Prozent) oder Lamm (14 Prozent), in selteneren Fällen auch Schwein (sieben Prozent).
Quelle: Stern