V.
Ein ehlicher Wortwechsel zwischen Jupiter und seiner Gemahlin.
Juno, Jupiter.
Ganymed als stumme Person.
Juno. Seitdem du den Phrygischen Knaben da vom Ida geraubt und hieher gebracht hast, finde ich dich sehr kalt gegen mich, Jupiter.
Jupiter. Du bist also auch über den unschuldigen harmlosen Jungen eifersüchtig? Ich dachte, nur die Weiber und Mädchen, die gut mit mir stehen, machten dich so übellaunig.
Juno. Es ist in Wahrheit gar nicht schön an dir, und schickt sich sehr übel für die Würde des Monarchen der Götter, deine rechtmäßige Ehegattin sitzen zu lassen, und da unten auf der Erde in Gestalt eines Schwans oder Stiers oder Satyrs überall herum zu buhlen. Indessen bleiben die Creaturen doch noch wo sie hingehören: aber diesen Hirtenjungen da, hast du, deiner göttlichen Majestät zur Schmach, sogar in den Himmel heraufgehohlt, und mir vor die Nase hingesetzt, unter dem Vorwande daß er dir den Nektar einschenken solle; als ob du so verlegen um einen Mundschenken wärest, und Hebe oder Vulkan einem so schweren Amt nicht länger vorzustehen vermochten. Aber freylich nimmst du den Becher nie aus seiner Hand, ohne ihm vor unser aller Augen einen Kuß zu geben, der dir besser als der Nektar schmeckt, so daß du alle Augenblicke zu trinken verlangst, wenn du gleich keinen Durst hast; ja du treibst es so weit, daß du den Becher, wenn du ihn nur ein wenig abgetrunken hast, dem Jungen hinreichst und ihn daraus trinken lässest um das, was er übrig gelassen hat, als etwas gar köstliches aufzuschlürfen; und zwar auf der Seite die er mit seinen Lippen berührt hat, damit du zugleich das Vergnügen zu trinken und zu küssen habest. Und legtest du nicht neulich deine Ägide und deinen Donnerkeil auf die Seite, und schämtest dich nicht, trotz deiner Würde und dem großen Bart den du herunter hängen hast, auf dem Boden zu sitzen und mit ihm zu spielen? Bilde dir ja nicht ein, als ob du deine Sachen so heimlich triebest; ich sehe alles recht gut.
Jupiter. Und was ist denn das so entsetzliches, Frau Gemahlin, wenn ich etwa, um mir ein doppeltes Vergnügen zu machen, einem so schönen Knaben unterm Trinken einmal einen Kuß gebe? Wenn ich ihm erlaubte dich ein einziges mal zu küssen, du würdest mir gewiß kein Verbrechen mehr daraus machen, daß ich seine Küsse dem Nektar vorziehe.
Juno. Das sind sehr unanständige Reden, Jupiter! So weit soll es hoffentlich mit meinem Verstande nie kommen, daß ich meine Lippen an einem Phrygischen Hirtenjungen, und dazu an einem solchen weibischen Weichling, verunreinigen möchte!
Jupiter hitzig. Mäßigen Sie Sich in ihren Ausdrücken, Madame – dieser weibische Knabe, dieser Phrygische Hirtenjunge, dieser Weichling – doch, ich will lieber nichts sagen, um mir die Galle nicht noch mehr zu erhitzen!
Juno. O meinetwegen kannst du ihn gar heurathen! Ich sagte das nur, um dich zu erinnern, was für Unanständigkeiten du mich um deines Mundschenken willen zu leiden nöthigest.
Jupiter. So? dein sauberer Sohn Vulkan also, so schmutzig und mit Kohlenstaub bedeckt, wie er von seiner Schmied-Esse zu Lemnos kömmt, der sollte also um die Tafel herum hinken und uns den Wein einschenken?1) Aus solchen Fingern sollten wir den Becher nehmen, und uns wohl gar noch, meynst du nicht? an seinen rußichten Küssen laben, vor denen dir doch selbst ekelt, wiewohl du seine Mutter bist2). Das würde was angenehmes seyn! das wäre ein Mundschenk der die Göttertafel zieren würde! den Ganymed muß man nach dem Ida zurückschicken; denn der ist reinlich, und hat Rosenfinger, und reicht den Pocal mit Grazie hin, und, was dich am meisten ärgert, küßt süßer als Nektar.
Juno. Also, seit uns der Berg Ida dieses schöne kraushaarige Bürschgen auferzogen hat, ist Vulkan nun auf einmal hinkend und mit Kohlenstaub überpudert und ein ekelhafter Anblick für dich geworden! Vorher sahest du von dem allen nichts, und ließest dich weder Funken noch Schmiedesse abhalten, dir den Nektar recht wohl belieben zu lassen, den er dir einschenkte.
Jupiter. Liebe Juno, du machst dir nur selbst Verdruß; das ist alles was du mit deiner Eifersucht gewinnst: denn meine Liebe wird dadurch nur höher gespannt. Im übrigen, wenn es dir zuwider ist deinen Becher aus der Hand eines schönen Knaben zu nehmen, so laß du dir immerhin von deinem Sohn einschenken; und du, Ganymed, bedienst mich künftig allein! Und mit jedem Becher küsse mich zweymal; wenn du mir ihn reichst, und wenn du ihn wieder von mir zurückempfängst. Ganymed fängt an zu weinen. Wie? was weinst du, mein Kind? Fürchte nichts! dem soll es übel bekommen der dir was zu Leide thun wollte!
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