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Ernst Haeckel - Die Natürliche Schöpfungsgeschichte 1868

Zur Person Ernst Haeckels:

Haeckel, Ernst, * Potsdam 16. Februar 1834, + Jena 9 August 1919, dt. Zoologe und Philosoph. Ab 1865 Professor der Zoologie in Jena. Führender Vertreter der an Charles Darwin (1809-1882) orientierten Deszendenztheorie bzw. Evolutionstheorie, der er in Deutschland zum Durchbruch verhalf. Haeckel, der morphologisch, systematisch und entwicklungsgeschichtlich wichtige Arbeiten über Medusen, Radiolarien und Kalkschwämme verfaßte, benutzte die Theorie Darwins zum Aufbau seiner generellen Morphologie als eines natürlichen Systems unter konsequenter Einbeziehung des Menschen. Auf der Basis der Ergebnisse vergleichender anatomischer und embryologischer Untersuchungen formulierte Haeckel das biogenetische Grundgesetz und die Gastträatheorie. Über Darwin hinausgehend, forderte Haeckel die Anwendung der Evolutionstheorie auf die anorganische Natur und im Zusammenhang damit auf die Entstehung der Organismen (sog. Moneren, kernlosen Protozoen, aus anorganischer Materie). Damit war die Grundlage geschaffen für eine Einheitswissenschaft und eine pantheistisch verstandene "Einheit der Natur". Mit diesem Monismus, der in der Tradition des 19. Jh.s. steht, glaubte Haeckel eine Synthese von kausal-mechanischem Materialismus und berechtigten Anliegen der Religion herbeigeführt zu haben ("Der Monotheismus als Band zwischen Religion und Wissenschaft" 1892)

Über die Natürliche Schöpfungsgeschichte Ernst Haeckels sagte Charles Darwin: "Wäre dieses Buch erschienen, ehe meine Arbeit niedergeschrieben war, so würde ich sie wahrscheinlich nie zuende geführt haben. Fast alle Folgerungen, zu denen ich gekommen bin, finde ich durch diesen Forscher bestätigt, dessen Kenntnisse in vielen Punkten weit reicher sind, als die meinen."

"Nach ewigen ehernen großen Gesetzen müssen wir alle unseres Daseins Kreise vollenden!" Goethe.

Inhaltverzeichnis.

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Erster Vortrag. Inhalt und Bedeutung der Abstammungslehre oder Descendenztheorie.

Allgemeine Bedeutung und wesenlicher Inhalt der von Darwin reformirten Abstammungslehre oder Descendenztheorie. Besondere Bedeutung derselben für die Biologie (Zoologie und Botanik), für die mechanische Erklärung der organischen Naturerscheinungen. Besondere Bedeutung derselben für die Anthropologie, für die natürliche Entwickelungsgeschichte des Menschengeschlechts. Die Abstammungslehre als natürliche Schöpfungsgeschichte. Begriff der Schöpfung. Wissen und Glauben.
Schöpfungsgeschichte und Entwickelungsgeschichte. Zusammenhang der individuellen und paläontologischen Entwickelungsgeschichte. Unzweckmäßigkeitslehre oder Wissenschaft von den rudimentären Organen. Unnütze und überflüssige Einrichtungen im Organismus. Gegensatz der beiden grundverschiedenen Weltanschauungen, der monistischen (mechanischen, causalen) und der dualistischen (teleologischen, vitalen). Begründung der ersteren durch die Abstammungslehre. Einheit der organischen und anorganischen Natur, und Gleichheit der wirkenden Ursachen in Beiden. Bedeutung der Abstammungslehre für die einheitliche (monistische) Auffassung der ganzen Natur.

Zweiter Vortrag. Wissenschaftliche Berechtigung der Descendenztheorie. Schöpfungsgeschichte nach Linné

Die Abstammungslehre oder Descendenztheorie als die einheitliche Erklärung der organischen Naturerscheinungen durch natürliche wirkende Ursachen. Vergleichung derselben mit Newtons Gravitationstheorie. Zwingende Nothwendigkeit ihrer Annahme und allgemeine Verpflichtung der Naturforscher zu derselben. Die Abstammungslehre als festbegründete wissenschaftliche Theorie. Mangel jeder anderen Erklärung der organischen Schöpfung. Grenzen der wissenschaftlichen Erklärung und der menschlichen Erkenntniß überhaupt. Alle Erkenntniß ursprünglich durch sinnliche Erfahrung bedingt, aposteriori, daher beschränkt.
Uebergang der aposteriorischen Erkenntnisse durch Vererbung in apriorische Erkenntnisse. Gegensatz der übernatürlichen Schöpfungshypothesen von Linné, Cuvier, Agassiz, und der natürlichen Entwickelungstheorien von Lamarck, Goethe, Darwin. Zusammenhang der ersteren mit der monistischen (mechanischen), der letzteren mit der dualistischen (teleologischen) Weltanschauung.
Schöpfungsgeschichte des Moses. Ihre Vorzüge und Irrthümer. Linné als Begründer der systematischen Naturbeschreibung und Artunterscheidung. Linné's Classification und binäre Nomenclatur. Bedeutung des Speciesbegriffs bei Linné.
Seine Schöpfungsgeschichte. Linnés Ansicht von der Entstehung der Arten.

Dritter Vortrag. Schöpfungsgeschichte nach Cuvier und Agassiz

Allgemeine theoretische Bedeutung des Speciesbegriffs. Unterschied in der theoretischen und praktischen Bestimmung des Artbegriffs. Cuvier's Definition der Species. Cuvier's Verdienste als Begründer der vergleichenden Anatomie.
Unterscheidung der vier Hauptformen (Typen oder Zweige) des Thierreichs durch Cuvier und Bär. Cuviers Verdienste um die Paläontologie. Seine Hypothese von den Revolutionen des Erdballs und den durch dieselben getrennten Schöpfungsperioden.
Unbekannte, übernatürliche Ursachen dieser Revolutionen und darauf folgenden Neuschöpfungen. Teleologisches Natursystem von Agassiz. Seine Vorstellungen vom Schöpfungsplane und dessen sechs Kategorien (Gruppenstufen des Systems).
Agassiz' Ansichten von der Erschaffung der Species. Grobe Vermenschlichung (Anthropomorphismus) des Schöpfers in der Schöpfungshypothese des Agassiz.
Innere Unhaltbarkeit derselben und Widersprüche mit den von Agassiz entdeckten wichtigen paläontologischen Gesetzen.

Vierter Vortrag. Entwickelungstheorie von Goethe und Oken

Wissenschaftliche Unzulänglichkeit aller Vorstellungen von einer Schöpfung der einzelnen Arten. Nothwendigkeit der entgegengesetzten Entwickelungstheorien.
Geschichtlicher Ueberblick über die wichtigsten Entwickelungstheorien.
Aristoteles. Seine Lehre von der Urzeugung. Die Bedeutung der Naturphilosophie.
Goethe. Seine Verdienste als Naturforscher. Seine Metamorphose der Pflanzen.
Seine Wirbeltheorie des Schädels. Seine Entdeckung des Zwischenkiefers beim Menschen. Goethe's Theilnahme an dem Streite zwischen Cuvier und Geoffroy S. Hilaire. Goethe's Entdeckung der beiden organischen Bildungstriebe, des konservativen Specifikationstriebes (der Vererbung), und des progressiven Umbildungstriebes (der Anpassung). Goethe's Ansicht von der gemeinsamen Abstammung aller Wirbelthiere mit Inbegriff des Menschen. Oken. Seine Naturphilosophie. Oken's Vorstellung vom Urschleim (Protoplasmathoerie). Oken's Vorstellung von den Infusorien (Zellentheorie). Oken's Entwickelungstheorie.

Fünfter Vortrag. Entwickelungstheorie von Kant und Lamarck

Kant's dualistische Biologie. Seine Ansicht von der Entstehung der Anorgane durch mechanische, der Organismen durch zweckthätige Ursachen. Widerspruch dieser Ansicht mit seine Hinneigung zur Abstammungslehre. Kant's genealogische Entwickelungstheorie. Beschränkung derselben durch seine Teleologie. Ansichten zu Gunsten der Descendenztheorie von Leopold Buch, Bär, Schleiden, Unger, Schaaffhausen, Victor Carus, Büchner. Die französische Naturphilosophie.
Lamarck's Philosophie zoologique. Lamarck's monistisches (mechanisches) Natursystem. Seine Ansichten von der Wechselwirkung der beiden organischen Bildungskräfte, der Vererbung und der Anpassung. Lamarck's Ansicht von der Entwickelung des Menschengeschlechts aus affenartigen Säugethieren.
Vertheidigung der Descendenztheorie durch Geoffroy S. Hilaire, Naudin und Lecoq.
Die englische Naturphilosophie. Ansichten zu Gunsten der Descendenztheorie von Erasmus Darwin, W. Herbert, Grant, Patrick Matthew, Freke, Herbert Spencer, Huxley. Doppeltes Verdienst von Charles Darwin.

Sechster Vortrag. Entwickelungstheorie von Lyell und Darwin

Charles Lyell's Grundsätze der Geologie. Seine natürliche Entwickelungsgeschichte der Erde. Entstehung der größten Wirkungen durch Summirung der kleinsten Ursachen. Entstehung der Gebirge durch langsame, sehr lange Zeit fortdauernde Hebungen und Senkungen des Erdbodens. Unbegrenzte Länge der geologischen Zeiträume. Lyell's Widerlegung der Cuvier'schen Schöpfungsgeschichte. Begründung des ununterbrochenen Zusammenhangs der geschichtlichen Entwickelung durch Lyell und Darwin. Biogrophische Notizen über Charles Darwin. Seine wissenschaftlichen Werke. Seine Korallenrifftheorie. Entwickelung der Selectionstheorie von Charles Darwin und Alfred Wallace.
Darwin's neuestes Werk. Sein Studium der Hausthiere und Culturpflanzen. Hohe Bedeutung dieses Studiums. Andreas Wagner's Ansicht von der besonderen Schöpfung der Culturorganismen für den Menschen. Der Baum der Erkenntniß im Paradies.
Vergleichung der wilden und der Culturorganismen. Darwin's Studium der Haustauben. Bedeutung der Taubenzucht. Unendliche Verschiedenheit der Taubenrassen und gemeinsame Abstammung derselben von einer einzigen Stammart.

Siebenter Vortrag. Die Züchtungslehre oder Selectionstheorie. (Der Darwinismus)

Darwinismus (Selectionstheorie) und Lamarckismus (Descendenztheorie). Der Vorgang der künstlichen Züchtung: Auslese (Selection) der verschiedenen Einzelwesen zur Nachzucht. Die wirkenden Ursachen der Umbildung: Abänderung, mit der Ernährung zusammenhängend, und Vererbung, mit der Fortpflanzung zusammenhängend. Mechanische Natur dieser beiden physiologischen Functionen. Der Vorgang der natürlichen Züchtung: Auslese (Selection) durch den Kampf um's Dasein. Malthus' Bevölkerungstheorie. Mißverhältniß zwischen der Zahl der möglichen (potentiellen) und der wirklichen (actuellen) Individuen jeder Organismenart. Allgemeiner Wettkampf um die Existenz, oder Mitbewerbung um die Erlangung der nothwendigen Lebensbedürfnisse. Umbildende und züchtende Kraft dieses Kampfes um's Dasein. Vergleichung der natürlichen und der künstlichen Züchtung.

Achter Vortrag. Vererbung und Fortpflanzung

Allgemeinheit der Erblichkeit und der Vererbung. Affallende besondere Aeußerungen derselben. Menschen mit vier, sechs oder sieben Fingern und Zehen.
Stachelschweinmenschen. Vererbung von Krankheiten, namentlich von Geisteskrankheiten. Erbsünde. Erbliche Monarchie. Erbadel. Erbliche Talente und Seeleneigenschaften. Materielle Ursachen der Vererbung. Zusammenhang der Vererbung mit der Fortpflanzung. Urzeugung und Fortpflanzung. Ungeschlechtliche oder monogame Fortpflanzung. Moneren. Fortpflanzung der Moneren und der Amoeben durch Selbsttheilung. Vermehrung der organischen Zellen und der Eier durch Selbsttheilung. Fortpflanzung der Korallen durch Theilung. Fortpflanzung durch Knospenbildung, durch Keimknospenbildung und durch Keimzellenbildung.
Geschlechtliche oder amphigone Fortpflanzung. Zwitterbildung oder Hermaphroditismus. Geschlechtstrennung oder Gonochorismus. Jungfräuliche Zeugung oder Parthenogenesis. Materielle Uebertragung der Eigenschaften beider Eltern auf das Kind bei der geschelchtlichen Fortpflanzung. Unterschied der Vererbung bei der geschlechtlichen und bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung.

Neunter Vortrag. Vererbungsgesetze. Anpassung und Ernährung

Unterscheidung der erhaltenden und fortschreitenden Vererbung. Gesetze der erhaltenden oder conservativen Erblichkeit: Vererbung ererbter Charaktere.
Ununterbrochene oder continuirliche Vererbung. Unterbrochene oder latente Vererbung. Generationswechsel. Rückschlag. Verwilderung. Geschlechtliche oder sexuelle Vererbung. Bastardzeugung. Abgekürzte oder vereinfachte Vererbung.
Gesetze der fortschreitenden oder progressiven Erblichkeit: Vererbung erworbener Charactere. Angepaßte oder erworbene Vererbung. Befestigte oder constituirte Vererbung. Gleichzeitliche oder homochrone Vererbung. Gleichörtliche oder homotope Vererbung. Anpassung und Veränderlichkeit. Zusammenhang der Anpassung und der Ernährung. Unterscheidung der indirecten und directen Anpassung.

Zehnter Vortrag. Anpassungsgesetze

Gesetze der indirecten oder potentiellen Anpassung. Individuelle Anpassung. Monströse oder sprungweise Anpassung. Geschlechtliche oder sexuelle Anpassung.
Gesetze der directen oder actuellen Anpassung. Allgemeine oder universelle Anpassung. Gehäufte oder cumulative Anpassung. Gehäufte Einwirkung der äußeren Existenzbedingungen und gehäufte Gegenwirkung des Organismus. Der freie Wille.
Gebrauch und Nichtgebrauch der Organe. Uebung und Gewohnheit. Wechselbezügliche oder correlative Anpassung. Wechselbeziehungen der Entwickelung. Correlation der Organe. Erklärung der indirecten oder potentiellen Anpassung durch die Correlation der Geschlechtsorgane und der übrigen Körpertheile. Abweichende oder divergente Anpassung. Unbeschränkte oder unendliche Anpassung.

Elfter Vortrag. Die natürliche Züchtung durch den Kampf um's Dasein. Arbeitstheilung und Fortschritt

Wechselwirkung der beiden organischen Bildungstriebe, der Vererbung und Anpassung. Natürliche und künstliche Züchtung. Kampf um's Dasein oder Wettkampf um die Lebensbedürfnisse. Mißverhältniß zwischen der Zahl der möglichen (potentiellen) und der Zahl der wirklichen (actuellen) Individuen. Verwickelte Wechselbeziehungen aller benachbarten Organismen. Wirkungsweise der natürlichen Züchtung. Gleichfarbige Zuchtwahl als Ursache der sympathischen Färbungen. Geschlechtliche Zuchtwahl als Ursache der secundären Sexualcharaktere. Gesetz der Sonderung oder Arbeitstheilung (Polymorphismus, Differenzierung, Divergenz des Charakters). Uebergang der Varietäten in Species. Begriff der Species.
Bastardzeugung. Gesetz des Fortschritts oder der Vervollkommnung (Progressus, Teleosis).

Zwölfter Vortrag. Entwickelungsgesetze der organischen Stämme und Individuen. Phylogenie und Ontogenie

Entwickelungsgesetze der Menschheit: Differenzierung und Vervollkommnung. Mechanische Ursache dieser beiden Grundgesetze. Fortschritt ohne Differenzierung und Differenzierung ohne Fortschritt. Entstehung der rudimentären Organe durch Nichtgebrauch und Abgewöhnung. Ontogenesis oder individuelle Entwickelung der Organismen. Allgemeine Bedeutung derselben. Ontogenie oder individuelle Entwickelungsgeschichte der Wirbelthiere, mit Inbegriff des Menschen.
Eifurchung. Bildung der drei Keimblätter. Entwickelungsgeschichte des Centralnervensystems, der Extremitäten, der Kiemenbogen und des Schwanzes bei den Wirbelthieren. Ursächlicher Zusammenhang und Parallelismus der Ontogenesis und Phylogenesis, der individuellen und der Stammesentwicklung. Ursächlicher Zusammenhang und Parallelismus der Phylogenesis und der systematischen Entwickelung. Parallelismus der drei organischen Entwickelungsreihen.

Dreizehnter Vortrag. Entwickelungstheorie des Weltalls, der Erde und ihrer ersten Organismen.

Urzeugung. Plastidentheorie
Entwickelungsgeschichte der Erde. Feste Rinde und feuerflüssiger Kern des Erdballs. Vormaliger geschmolzener Zustand des ganzen Erdballs. Kant's Entwickelungstheorie des Weltalls oder die kosmologische Gastheorie.
Entwickelung der Sonnen, Planten und Monde. Bildung der ersten Erstarrungskruste der Erde. Erste Entstehung des Wassers. Vergleichung der Organismen und Anorgane. Organische und anorganische Stoffe. Verbindungen der Elemente.
Dichtigkeitsgrade oder Aggregatzustände. Eiweißartige Kohlenstoffverbindungen.
Organische und anorganische Formen. Krystalle und structurlose Organismen ohne Organe. Stereometrische Grundformen der Krystalle und der Organismen. Organische und anorganische Kräfte. Lebenskraft. Wachsthum und Anpassung bei Krystallen und bei Organismen. Bildungstriebe der Krystalle. Einheit der organischen und anorganischen Natur. Urzeugung oder Archigonie. Autogonie und Plasmogonie.
Kritik der Urzeugung. Entstehung der Moneren durch Urzeugung. Entstehung der Zellen aus Moneren. Zellentheorie. Plastidentheorie. Plastiden oder Bildnerinnen. Cytoden und Zellen. Vier verschiedene Arten von Plastiden.

Vierzehnter Vortrag. Schöpfungsperioden und Schöpfungsurkunden

Reform der Systematik durch Descendenztheorie. Das natürliche System als Stammbaum. Paläontologische Urkunden des Stammbaumes. Die Versteinerungen als Denkmünzen der Schöpfung. Ablagerung der neptunischen Schichten und Einschluß der organischen Reste. Eintheilung der organischen Erdgeschichte in fünf Hauptperioden: Zeitalter der Tangwälder, Farnwälder, Nadelwälder, Laubwälder und Culturwälder. System der währenddessen abgelagerten neptunischen Schichten.
Unermeßliche Dauer der während ihrer Bildung verflossenen Zeiträume. Ablagerung der Schichten nur während der Senkung, nicht während der Hebung des Bodens.
Anteperioden. Andere Lücken der Schöpfungsurkunde. Metamorphischer Zustand derältesten neptunischen Schichten. Geringe Ausdehnung der paläontologischen Erfahrungen. Geringer Bruchtheil der versteinerungsfähigen Organismen und organischen Körpertheile. Seltenheit vieler versteinerten Arten. Mangel fossiler Zwischenformen. Die Schöpfungsurkunden der Ontogenie und der vergleichenden Anatomie.

Fünfzehnter Vortrag. Stammbaum und Geschichte des Protistenreiches

Specielle Durchführung der Descendenztheorie in dem natürlichen System der Organismen. Construction der Stammbäume. Abstammung aller mehrzelligen Organismen von einzelligen. Abstammung der Zellen von Moneren. Begriff der organischen Stamme oder Phylen. Zahl der Stämme der Thierreichs und des Pflanzenreichs. Einheitliche oder monophyletische und vielheitliche oder polyphyletische Descendenzhypothese. Vorzug der monophyletischen vor der polyphyletischen Anschauungen. Das Reich der Protisten oder Urwesen.
Nothwendigkeit und Begründung seiner Annahme. Acht Klassen des Protistenreiches.
Moneren. Amöboiden oder Protoplasten. Geißelschwärmer oder Flagellaten.
Scheimpilze oder Myxomyceten. Labyrinthläufer oder Labyrinthuleen. Kieselzellen oder Diatomeen. Meerleuchten oder Noctiluken. Wurzelfüßer oder Rhizopoden.
Bemerkungen zur allgemeinen Naturgeschichte der Protisten: Ihre Lebenserscheinungen, chemische Zusammensetzung und Fortbildung (Individualität und Grundform). Phylogenie und Stammbaum des Protistenreichs.

Sechszehnter Vortrag. Stammbaum und Geschichte des Pflanzenreichs

Das natürliche System des Pflanzenreichs. Eintheilung des Pflanzenreichs in sechs Hauptklassen und achtzehn Klassen. Unterreich der Blumenlosen (Eryptogamen). Stammgruppe der Thalluspflanzen. Tange oder Algen (Urtange, Grüntange, Brauntange, Rothtange). Faserpflanzen oder Inophyten (Flechten und Pilze). Stammgruppe der Prothalluspflanzen. Mose oder Muscinen (Tangmose, Lebermose, Laubmose, Torfmose). Farne oder Filicinen (Schaftfarne, Laubfarne, Wasserfarne, Schuppenfarne). Unterreich der Blumenpflanzen (Phanerogamen). Nacktsamige oder Gymnospermen. Palmfarne (Cycadeen). Nadelhölzer (Coniferen). Decksamige oder Angiospermen. Monocotylen. Dicotylen. Kelchblütige (Apetalen).
Sternblütige (Diapetalen). Glockenblütige (Gamopetalen). Monophyletischer und polyphyletischer Stammbaum des Pflanzenreichs.

Siebzehnter Vortrag. Stammbaum und Geschichte des Thierreichs.

I. Stammbaum und Geschichte der wirbellosen Thiere
Das natürliche System des Thierreichs. System von Linné und Lamarck. Die vier Typen von Bär und Cuvier. Vermehrung derselben auf sechs Typen. Genealogische Bedeutung der sechs Typen als selbständiger Stämme des Thierreichs.
Monophyletische und polyphyletische Dascendenzhypothese des Thierreichs.
Gemeinsamer Ursprung der fünf übrigen Thierstämme aus dem Würmerstamm.
Eintheilung der sechs Thierstämme in 16 Hauptklassen und 32 Klassen. Stamm der Pflanzenthiere. Schwämme oder Spongien (Weichschwämme, Hartschwämme).
Nesselthiere oder Akalephen (Korallen, Schirmquallen, Kammquallen). Stamm der Würmer. Urwürmer oder Archelminthen (Infusorien). Weichwürmer oder Scoleciden (Plattwürmer, Rundwürmer). Sackwürmer oder Himategen (Mosthiere, Mantelthiere).
Gliedwürmer oder Colelminthen (Sternwürmer, Ringelwürmer, Räderwürmer). Stamm der Weichthiere (Spiralkiemer, Blattkiemer, Schnecken, Pulpen). Stamm der Sternthiere (Seesterne, Seelilien, Seeigel, Seewalzen). Stamm der Gliedfüßer.
Krebse (Gliederkrebse, Panzerkrebse). Spinnen (Streckspinnen, Rundspinnen).
Tausendfüßer. Insecten. Kauende und saugende Insekten. Stammbaum und Geschichte der acht Ordnungen der Insecten.

Achtzehnter Vortrag. Stammbaum und Geschichte des Thierreichs. II.

Stammbaum und Geschichte der Wirbelthiere
Das natürliche System der Wirbelthiere. Die vier Klassen der Wirbelthiere von Linné und Lamarck. Vermehrung derselben auf acht Klassen. Hauptklasse der Rohrherzen oder Schädellosen (Lanzetthiere). Hauptklasse der Unpaarnasen oder Rundmäuler (Inger und Lampreten). Hauptklasse der Anamnien oder Amnionlosen.
Fische (Urfische, Schmelzfische, Knochenfische). Lurchfische. Lurche (Panzerlurche, Nacktlurche). Hauptklasse der Amnionthiere oder Amnioten. Reptilien (Stammschleicher, Schwimmschleicher, Schuppenschleicher, Drachenschleicher, Schnabelschleicher). Vögel (Fiederschwänzige, Fächerschwänzige, Büschelschwänzige). Säugethiere (Kloakenthiere, Beutelthiere, Placentalthiere). Stammbaum und Geschichte der Säugethierordnungen.

Neunzehnter Vortrag. Ursprung und Stammbaum des Menschen

Die Anwendung der Descendenztheorie auf den Menschen. Logische Nothwendigkeit derselben. Stellung des Menschen im natürlichen System der Thiere, insbesondere unter den discoplacentalen Säugethieren. Unberechtigte Trennung der Vierhänder und Zweihänder. Berechtigte Trennung der Halbaffen von den Affen. Stellung des Menschen in der Ordnung der Affen. Schmalnasen und Plattnasen. Entstehung des Menschen aus Schmalnasen. Menschenaffen oder Anthropoiden. Vergleichung der verschiedenen Menschenaffen und der verschiedenen Menchenrassen. Zeit und Ort der Entstehung des Menschengeschlechts. Ahnenreihe des Menschen. Wirbellose Ahnen und Wirbelthier-Ahnen. Umbildung des Affen zum Menschen durch Differenzirung und Vervollkommnung der Gliedmaßen, des Kehlkopfes und des Gehirns. Stammbaum der zehn Menschenarten.

Zwanzigster Vortrag. Einwände gegen und Beweise für die Wahrheit der Descendenztheorie - Einwände gegen die Abstammungslehre. - Einwände des Glaubens und der Vernunft. - Unermeßliche Länge der für die Descendenztheorie erforderlichen Zeiträume.

Angeblicher und wirklicher Mangel von verbindenden Uebergangsformen zwischen den verwandten Specien. Abhängigkeit der Formbeständigkeit von der Vererbung, und des Formwechsels von der Anpassung. Entstehung sehr zusammengesetzter Organisationseinrichtungen durch stufenweise Vervollkommnung. Stufenweise Entstehung der Instinkte und Seelenthätigkeiten. Entstehung der apriorischen Erkenntnisse aus aposteriorischen. Erfordernisse für das richtige Verständniß der Abstammungslehre. Biologische Kenntnisse und philosophisches Verständniß derselben. Nothwendige Wechselwirkung der Empirio und Philosophie. Beweise für die Descendenztheorie. Innerer ursächlicher Zusammenhang aller allgemeinen biologischen Erscheinungsreihen, nur durch die Abstammungslehre erklärbar, ohne dieselbe unverständlich. Der directe Beweis der Selectionstheorie. Verhältniß der Descendenztheorie zur Anthropologie. Beweise für den thierischen Ursprung des Menschen. Die Pithekoidentheorie als untrennbarer Bestandtheil der Descendenztheorie. Induction und Deduction. Stufenweise Entwickelung des menschlichen Geistes. Körper und Geist. Menschenseele und Thierseele. Blick in die Zukunft.

Folgendes fehlt:

Verzeichniß der im Texte mit Ziffern angeführten Schriften

Erklärung des Titelbildes

Erklärung der genealogischen Tafeln

Register

Vorwort

Die vorliegenden freien Vorträge über "natürliche Schöpfungsgeschichte" sind im Wintersemester 1867/68 vor einem aus Laien und Studirenden aller Facultäten zusammengesetzten Publikum hier von mir gehalten, und von zweien meiner Zuhörer, den Studirenden Hörnlein und Römfeld, stenographirt worden. Abgesehen von den redactionellen Veränderungen des stenographischen Manuscripts, habe ich an mehreren Stellen Erörterungen weggelassen, welche für meinen engeren Zuhörerkreis von besonderem Interesse waren, und dagegen an anderen Stellen Erläuterungen eingefügt, welche mir für den weiteren Leserkreis erforderlich schienen. Die Abkürzungen betreffen besonders die erste Hälfte, die Zusätze dagegen die zweite Hälfte der Vorträge. Der XV., XVI., XVII. und XVIII. Vortrag, welche ursprünglich zusammen nur zwei Vorträge bildeten, sind gänzlich umgearbeitet und bedeutend erweitert worden.
Die "natürliche Schöpfungsgeschichte", oder richtiger ausgedrückt: die"natürliche Entwickelungslehre", deren selbstständige Förderung und weitere Verbreitung den Zweck dieser Vorträge bildet, ist seit nun bald zehn Jahren durch die große Geistesthat von Charles Darwin in ein neues Stadium ihrer Entwickelung getreten. Was frühere Anhänger derselben nur unbestimmt andeuteten oder ohne Erfolg aussprachen, was schon Wolfgang Goethe mit dem prophetischen Genius des Dichters, weit sener Zeit vorauseilend, ahnte, was Jean Lamarck bereits, unverstanden von seinen befangenen Zeitgenossen, zu einer klaren wissenschaftlichen Theorie formte, das ist durch das epochemachende Werk von Charles Darwin unveräußerliches Erbgut der menschlichen Erkenntniß und die erste Grundlage geworden, auf der alle wahre Wissenschaft in Zukunft weiter bauen wird. "Entwickelung" heißt von jetzt an das Zauberwort, durch das wir alle uns umgebenden Räthsel lösen, oder wenigstens auf den Weg zu ihrer Lösung gelangen können. Aber wie Wenige haben dieses Losungswort wirklich verstanden, und wie Wenigen ist seine weltumgestaltende Bedeutung klar geworden! Befangen in der mythischen Tradition von Jahrtausenden, und geblendet durch den falschen Glanz mächtiger Autoritäten, haben selbst hervorragende Männer der Wissenschaft in dem Siege der Entwickelungstheorie nicht den größten Fortschritt, sondern einen gefährlichen Rückschritt der Naturwissenschaft erblickt, und namentlich den biologischen Theil derselben, die Abstammungslehre oder Descendenztheorie, unrichtiger beurtheilt, als der gesunde Menschenverstand des gebildeten Laien.
Diese Wahrnehmung vorzüglich war es, welche mich zur Veröffentlichung dieser gemeinverständlichen wissenschaftlichen Vorträge bestimmte. Ich hoffe dadurch der Entwickelungslehre, welche ich für die größte Eroberung des menschlichen Geistes halte, manchen Anhänger auch in jenen Kreisen der Gesellschaft zuzuführen, welche zunächst nicht mit dem empirischen Material der Naturwissenschaft, und der Biologie insbesondere, näher vertraut, aber durch ihr Interesse an dem Naturganzen berechtigt, und durch ihren natürlichen Menschenverstand befähigt sind, die Entwickelungstheorie zu begreifen, und als Schlüssel zum Verständniß der Erscheinungswelt zu benutzen. Die Form der freien Vorträge, in welcher hier die Grundzüge der allgemeinen Entwickelungsgeschichte behandelt sind, hat mancherlei Nachtheile. Aber ihre Vorzüge, namentlich der freie und unmittelbare Verkehr zwischen dem Vortragenden und dem Zuhörer,überwiegen in meinen Augen die Nachtheile bedeutend.
Der lebhafte Kampf, welcher in den letzten Jahren um die Entwickelungslehre entbrannt ist, muß früher oder später nothwendig mit ihrer allgemeinen Anerkennung endigen. Dieser glänzendste Sieg des erkennenden Verstandes über das blinde Vorurtheil, der höchste Triumpf, den der menschliche Geist erringen konnte, wird sicherlich mehr als alles Andere nicht allein zur geistigen Befreiung, sondern auch zur sittlichen Vervollkommnung der Menschheit beitragen.
Zwar haben nicht nur diejenigen engherzigen Leute, die als Angehörige einer bevorzugten Kaste jede Verbreitung allgemeiner Bildung überhaupt scheuen, sondern auch wohlmeinende und edelgesinnte Männer die Befürchtung ausgesprochen, daß die allgemeine Verbreitung der Entwickelungstheorie die gefährlichsten moralischen und socialen Folgen haben werde. Nur die feste Ueberzeugung, daß diese Besorgniß gänzlich unbegründet ist, und daß im Gegentheil jeder große Fortschritt in der wahren Naturerkenntniß unmittelbar oder mitt elbar auch eine entsprechende Vervollkommnung des sittlichen Menschenwesens herbeiführen muß, konnte mich dazu ermuthigen, die wichtigsten Grundzüge der Entwickelungstheorie in der hier vorliegenden Form einem weiteren Kreise zugänglich zu machen.
Den wißbegierigen Leser, welcher sich genauer über die in diesen Vorträgen behandelten Gegenstände zu unterrichten wünscht, verweise ich auf die im Texte mit Ziffern angeführten Schriften, welche am Schlusse desselben im Zusammenhang verzeichnet sind. Bezüglich derjenigen Beiträge zum Ausbau der Entwickelungslehre, welche mein Eigenthum sind, verweise ich insbesondere auf meine 1866 veröffentlichte "Generelle Morphologie der Organismen" (Erster Band: Allgemeine Anatomie oder Wissenschaft von den entwickelten Formen; Zweiter Band: Allgemeine Entwickelungslehre oder Wissenschaft von den entstehenden Formen).
Dies gilt namentlich von meiner, im ersten Bande ausführlich begründeten Individualitätslehre und Grundformenlehre, auf welche ich in diesen Vorträgen nicht eingehen konnte, und von meiner, im zweiten Bande enthaltenen mechanischen Begründung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der individuellen und der paläontologischen Entwickelungslehre. Der Leser, welcher sich specieller für das natürliche System der Thiere, Pflanzen und Protisten, sowie für die darauf begründeten Stammbäume interessirt, findet darüber das Nähere in der systematischen Einleitung zum zweiten Bande der generellen Morphologie. Die entsprechenden Stellen der letzteren, welche einzelne Gegenstände dieser freien Vorträge ausführlicher behandeln, sind im Text mit (Gen. Morph.) angeführt.
So unvollkommen und mangelhaft diese Vorträge auch sind, so hoffe ich doch, daß sie dazu dienen werden, das segensreiche Licht der Entwickelungslehre in weiteren Kreisen zu verbreiten. Möchte dadurch in vielen denkenden Köpfen die unbestimmte Ahnung zur klaren Gewißheit werden, daß unser Jahrhundert durch die endgültige Begründung der Entwickelungstheorie, und namentlich durch die Entdeckung des menschlichen Ursprungs, den bedeutendsten und ruhmvollsten Wendepunkt in der ganzen Entwickelungsgeschichte der Menschheit bildet. Möchten dadurch viele Menschenfreunde zu der Ueberzeugung geführt werden, wie fruchtbringend und segensreich dieser größte Fortschritt in der Erkenntniß auf die weitere fortschreitende Entwickelung des Menschengeschlechts einwirken wird, und an ihrem Theile werkthätig recht viele Leser angeregt werden, tiefer in das innere Heiligthum der Natur einzudringen, und aus der nie versiegenden Quelle der natürlichen Offenbarung mehr und mehr jene höchste Befriedigung des Verstandes durch wahre Naturerkenntniß, jenen reinsten Genuß des Gemüthes durch tiefes Naturverständniß, und jene sittliche Veredelung der Vernunft durch einfache Naturreligion schöpfen, welche auf keinem anderen Wege erlangt werden kann.
Jena, am 18ten August 1868.

Ernst Heinrich Haeckel.

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Der Einbau dieses Textes ist mein Dankeschön an meinen Biolehrer Siggi Wagner. Ohne ihn wäre der Bio Leistungskurs nur halb so spannend gewesen. Ich habe noch keinen Lehrer erlebt, der in der Lage war, alle Richtungen der Biologie, auch mit Hilfe mitgebrachter Rinderorgane, die wir unter dem Mikroskop sezieren mußten, derart plastisch und brilliant zu erläutern.

Auf die Quelle der gescannten Bilder http://www.zum.de/frames/fr-stueber.html hat mich Volker aufmerksam gemacht. Also ein großer Dank an Herrn Stueber.

Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der *.txt Datei.

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