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Goethe Erlkönig im Handzeichenalphabet

goethe

Erlkönig von Johann Wolfgang von Goethe

Erlkönig

Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?

Es ist der Vater mit seinem Kind;

Er hat den Knaben wohl in dem Arm,

Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.

 

Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht? -

Siehst Vater, du den Erlkönig nicht?

Den Erlenkönig mit Kron und Schweif? -

Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif. -

 

»Du liebes Kind, komm, geh mit mir!

Gar schöne Spiele spiel ich mit dir;

Manch bunte Blumen sind an dem Strand,

Meine Mutter hat manch gülden Gewand.«

 

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,

Was Erlenkönig mir leise verspricht? -

Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind;

In dürren Blättern säuselt der Wind. -

 

»Willst, feiner Knabe, du mit mir gehn?

Meine Töchter sollen dich warten schön;

Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn

Und wiegen und tanzen und singen dich ein.«

 

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort

Erlkönigs Töchter am düstern Ort? -

Mein Sohn, mein Sohn, ich seh es genau:

Es scheinen die alten Weiden so grau. -

 

»Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt;

Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.«

Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an!

Erlkönig hat mir ein Leids getan! -

 

Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,

Er hält in den Armen das ächzende Kind,

Erreicht den Hof mit Mühe und Not;

In seinen Armen das Kind war tot.

Goethe - Erlkönig1gesprochen.mp3

Rezitation: Susanne Albers



Goethe - Erlkönig2gesungenFranzSchubert.mp3

Interpreten: Peter Schöne - Bariton / Boris Cepeda - Piano

 

Interpretation von Wikipedia
Eine Interpretation des Gedichts sieht den Erlkönig als bloße Ausgeburt von Angst- und Fieberträumen und daher als Allegorie für eine tödliche Krankheit des Knaben. Andererseits verkörpert der Erlkönig jedoch auch erste unbewusste pubertäre Ahnungen: So wie der Erlkönig den widerwilligen Knaben zunächst mit erotischen Phantasien in sein Reich zu locken versucht und schließlich durch eine Vergewaltigung die Oberhand gewinnt, so wird der Knabe durch den nächtlichen Ausflug ins dämonische Leben seiner Unschuld beraubt und letztlich gezwungen seine wohl behütete Kindheit zu verlassen. Sein Tod symbolisiert das unaufhaltsame Ende seiner naiven Integrität und seinen zwangsläufigen Eintritt in die Welt der Erwachsenen. Seine durch den Erlkönig repräsentierte, der Zeit und Veränderung unterworfene, männliche Natur holt den fliehenden Knaben buchstäblich ein. Da hilft kein noch so schneller Galopp des Vaters, der seinen Sohn ins beschützende elterliche Heim zurückholen und so retten will. Die Beschwichtigungsversuche und der verzweifelte Kampf des Vaters müssen gegen die natürlichen Triebe des Kindes unterliegen. Der fortschreitenden Zeit und erwachenden Sexualität lässt sich nicht entkommen.

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