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175 Jahre Hambacher Fest - eine Artikel- und Schriftensammlung 13 175 Jahre Hambacher Fest - Deutsche Burschenschaft (Harald Lönnecker) „Wir pflanzen die Freiheit, das Vaterland auf!“ Die Burschenschaft im Vormärz Nation, Demokratie und Christentum waren die drei Pfeiler, auf die die frühe Burschenschaft gegründet worden war. Seit 1815 war sie die Avantgarde der deutschen Nationalbewegung. Die Burschenschaft wurzelte in den Freiheitskriegen, stand unter dem Einfluß von Friedrich Ludwig Jahn, Ernst Moritz Arndt und Johann Gottlieb Fichte, war geprägt durch eine idealistische Volkstumslehre, christliche Erweckung und patriotische Freiheitsliebe. Diese antinapoleonische Nationalbewegung deutscher Studenten war politische Jugendbewegung – die erste in Europa – und die erste nationale Organisation des deutschen Bürgertums überhaupt, die 1817 mit dem Wartburgfest die erste gesamtdeutsche Feier ausrichtete und mit rund dreitausend Mitgliedern 1818/19 etwa ein Drittel der Studentenschaft des Deutschen Bundes umfaßte. Die zur nationalen Militanz neigende Burschenschaft, zu einem Gutteil hervorgegangen aus dem Lützowschen Freikorps, setzte ihr nationales Engagement in neue soziale Lebensformen um, die das Studentenleben von Grund auf reformierten. Aber nicht nur das: Die Studenten begriffen die Freiheitskriege gegen Napoleon als einen Zusammenhang von innerer Reform, innenpolitischem Freiheitsprogramm und Sieg über die Fremdherrschaft. Nationale Einheit und Freiheit wurden propagiert, Mannhaftigkeit und Kampfbereitschaft für das deutsche Vaterland. Dem Wartburgfest, der Gründung der Allgemeinen deutschen Burschenschaft und der Ermordung August von Kotzebues durch den Jenaer Burschenschafter Karl Ludwig Sand folgten die Karlsbader Beschlüsse und die Unterdrückung der Burschenschaft. Sie wurde zu einer sich mehr und mehr radikalisierenden Bewegung an den deutschen Hochschulen, die bald mehr, bald weniger offiziell bestand. War in der Urburschenschaft neben der Sicherung des Volkstums nach außen die „Erziehung zum christlichen Studenten“ für den Innenbereich bestimmend gewesen und der Zusammenhang von Wartburg, Luther und Reformation 1817 mehr als deutlich geworden, so ließ der Frankfurter Burschentag 1831 die Forderung nach „christlich-deutscher Ausbildung“ zu Gunsten einer zunehmenden Politisierung endgültig fallen. Der Stuttgarter Burschentag faßte im Dezember 1832 einen Beschluß zur Tolerierung und Förderung revolutionärer Gewalt zum Zweck der Überwindung der inneren Zersplitterung Deutschlands. Das mündete in die Beteiligung am Hambacher Fest und am Preß- und Vaterlandsverein sowie in den Frankfurter Wachensturm vom April 1833, an dem vor allem Heidelberger und Würzburger Burschenschafter beteiligt waren, und löste eine neue Welle der Verfolgungen durch die eigens eingerichtete Bundeszentralbehörde in Frankfurt a. M. bis in die vierziger Jahre hinein aus, die der älteren burschenschaftlichen Bewegung das Rückgrat brach und den (Wieder-)Aufstieg anderer Korporationsformen an den Hochschulen ermöglichte.
Warum Hambach? Hambach war auch eine Apotheose der Burschenschaft, vor allem der Heidelberger, die sich vorrangig aus der Pfalz rekrutierte. Aber warum ausgerechnet Hambach? Die ehemalige Kurpfalz, regiert von Wittelsbachern, war seit Mitte der 1790er Jahre teilweise von französischen Truppen besetzt und fiel 1797 an die französische Republik. Die neue Obrigkeit war beeinflußt von den Idealen der Revolution von 1789, von „Liberté, Egalité, Fraternité!“, etablierte eine moderne Justiz, Verwaltung und Gesetzgebung, Schwurgerichte und Gewerbefreiheit, beseitigte die Ständeordnung, trennte Kirche und Staat und gewährte einige Freiheitsrechte. Die Aushebungen für die napoleonische Armee waren zwar wenig beliebt aber schnell vergessen, als der Wiener Kongreß die Pfalz 1815 dem Königreich Bayern zuschlug. Das französische Verwaltungs- und Justizsystem blieb bestehen, die Regierung beschnitt aber mehr und mehr die bürgerlichen Rechte und Freiheiten. Sehr hohe Steuern und ein drückendes Zollsystem, das vor allem den Weinbau belastete, begleitet von Mißernten und Hunger, zogen wirtschaftliche Not und politische Unzufriedenheit nach sich. Dies zumal, wenn man sich der Zeit der französischen Herrschaft erinnerte. In der Pfalz hatte man schon einmal Trikoloren gehißt und Freiheitsbäume aufgepflanzt. Die Julirevolution 1830 in Paris gab allen Unzufriedenen Auftrieb, was „die Gärung bis zum kochenden Sud steigerte“, wie der ehemalige Bonner und Göttinger Burschenschafter Heinrich Heine schrieb. Zugleich erhoben sich die Polen erfolglos gegen die russische Herrschaft, was eine Welle der Polenbegeisterung auslöste und als Erbe die studentische Pekesche hinterließ. Dabei wurde übersehen, daß nur die Oberschicht den Kampf aufnahm und polnische Freiheit vor allem im Sinne der alten Adelsrepublik interpretierte. Um die sechstausend Polen gingen nach dem gescheiterten Aufstand ins Exil, in Deutschland vielfach durch eigens gegründete Polenvereine unterstützt, in denen zahlreiche Burschenschafter mitwirkten. Die Regierungen reagierten repressiv und suchten die freiheitlichen Bestrebungen zu unterbinden. Dazu gehörte in Bayern und der Pfalz in erster Linie die Beschneidung der Pressefreiheit, die Durchsetzung von Zensur und Druckverboten. Liberale Bürger gründeten deshalb 1832 den „Deutschen Preß- und Vaterlandsverein“, der nicht nur als Unterstützung einer freien Presse konzipiert war, „sondern als Kristallisationskern für eine politische Umgestaltung Deutschlands“. Er war der erste Vorläufer politischer Parteien, zählte in kürzester Zeit über fünftausend Mitglieder bis nach Mitteldeutschland und wurde maßgeblich von Burschenschaftern beeinflußt, so etwa Rudolf Lohbauer (1802-1873), Herausgeber des „Hochwächters“, des „Organs der württembergischen Freiheitsmänner“, Gustav Eduard Kolb (1798-1865) von der „Speyerer Zeitung“, der später die „Augsburger Allgemeine Zeitung“ zur bedeutendsten in Deutschland machte, Johann Gottfried Eisenmann (1795-1867), Herausgeber des „Bayerischen Volksblattes“ in Würzburg und bereits Teilnehmer am Wartburgfest, Karl August Mebold (1798-1854) von der „Deutschen Zeitung“ in Stuttgart, Karl Mathy (1807-1868) und sein Schwager und Bundesbruder Franz Joseph Stromeyer (1805-1848) vom „Wächter am Rhein“ in Karlsruhe bzw. vom „Freisinnigen“ in Freiburg, und Johann Adam Förster (1796- 1890), der in Fulda das „Teutsche Volksblatt. Eine konstitutionelle Zeitschrift für Volks- und Staatsleben“ herausgab. Geführt wurde der Preßverein von zwei bekannten Liberalen, vom Journalisten, Publizisten und ehemaligen Verwaltungsjuristen Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845) und von Johann Georg August Wirth (1798-1848), der während seines Studiums in Erlangen zunächst der Landsmannschaft Franconia angehörte und 1817 Mitgründer der Burschenschaft war, insgeheim aber auf die Gründung der Landsmannschaft der Franken – das spätere Corps Franconia – hinarbeitete, deren erster Senior er wurde. Wirth entwickelte sich zu einem scharfen Gegner der Burschenschaft, arbeitete als Anwalt, Journalist und Redakteur. Bekannt wurde er durch seine liberale Zeitung, die an wechselnden Orten in der Pfalz erscheinende „Deutsche Tribüne“, die er gemeinsam mit dem Jenaer, Göttinger und Heidelberger Burschenschafter Karl Georg Heinrich Fein (1803-1869) herausgab.
Vorbereitungen Im Frühjahr 1832 wurde in Weinheim nicht nur ein „Fest der freien Presse“ gefeiert, das Siebenpfeiffer und Wirth ausrichteten und an dem auch zahlreiche Heidelberger Burschenschafter teilnahmen, sondern auch ein Fest zur Feier der regierungsseitig vielfach gebrochenen bayerischen Verfassung auf der Feste Hambach geplant, deren Jahrestag der 26. Mai war. Es wurde vor allem durch Siebenpfeiffer zu einem Fest gegen die Regierung umfunktioniert. Unter dem Titel „Der Deutschen Mai“, angelehnt „an die Maiversammlungen der Franken [Franzosen, H. L.] und an die Maiverfassung der Polen“, richtete er einen Aufruf an „alle deutschen Stämme“: „Auf, ihr deutschen Männer und Jünglinge jedes Standes, welchen der heilige Funke des Vaterlandes und der Freiheit die Brust durchglüht, strömet herbei! Deutsche Frauen und Jungfrauen, deren politische Mißachtung in der europäischen Ordnung ein Fehler und ein Flecken ist, schmücket und belebet die Versammlung durch eure Gegenwart! Kommet Alle herbei zu friedlicher Besprechung, inniger Erkennung, entschlossener Verbrüderung für die großen Interessen, denen ihr eure Liebe, denen ihr eure Kraft geweiht.“ Mit diesen Worten traf Siebenpfeiffer genau den Geist der Zeit. Das Echo auf den Aufruf war enorm und überraschte die Initiatoren. Der Jenaer Burschenschafter Hermann von der Hude (1811-1858) schrieb am 18. Juni an seinen Bundesbruder Maximilian Heinrich Rüder (1808-1880) in Eutin: „Wie wir nach Hambach zogen, trugen die meisten von uns den festen Glauben in sich, jetzt ihr Leben für die heilige Sache des Vaterlandes aufopfern zu müssen.“ Aber auch die Regierung wurde aufmerksam und verbot am 6. Mai 1832 das Fest, was allgemeine Empörung auslöste. Sie wurde so stark, daß das Verbot am 17. Mai wieder aufgehoben werden mußte. Überall bereitete man sich auf das Fest vor. Es diente der Herstellung politischer Öffentlichkeit und wurde als wichtige Kommunikationsmöglichkeit begriffen. Hier konnten nationale Reden gehalten und Lieder gesungen werden, hier war die Verbreitung liberaler Ideen möglich, hier konnte die nationale Einheit propagiert und damit verbundene politische Aufbruchshoffnungen geweckt und geschürt werden. Soziale und regionale Grenzen wurden im Zeichen der Nation aufgebrochen, im Fest wurde die Nationsbildung zu einem Massenerlebnis. Und das nicht nur in Hambach. Die Daheimgebliebenen setzten eigene Freiheitsbäume mit schwarz-rot- goldenen Bändern und Fahnen. In Homburg wurden Regierung und Bürgermeister bedroht, als sie den Baum entfernen wollten. Im Landkommissariat Pirmasens wurden 26 Bäume gesetzt, über 230 werden der Regierung von ihren Beamten innerhalb weniger Tage gemeldet. Aus allen Himmelsrichtungen strömten die Festbesucher zusammen, aus Baden und Hessen kommen sie, Polen und Franzosen nehmen teil. „Man bemerkte insbesondere Bürger aus Straßburg, Colmar, Paris, Metz, Weißenburg, Manchester, Konstanz, Heidelberg, Karlsruhe, Freiburg, Mannheim, Marburg, Tübingen, Würzburg, Jena, Göttingen, Stralsund, Coburg, München, Frankfurt, Nürnberg ...“ Dreißigtausend Menschen finden sich im nur sechstausend Einwohner zählenden Neustadt a. d. Haardt ein: „Von Viertelstunde zu Viertelstunde langten neue Züge von Patrioten an, die meisten auf offenen mit Eichenlaub bekränzten Wagen, auf denen die deutsche Fahne wehte“. In Hambach setzte sich Schwarz-Rot-Gold als die deutsche Trikolore durch, schwarz-rot-goldene Kokarden, Schärpen, Fahnen und Bänder waren künftig das Zeichen nationaler Freiheit und Einheit. Einige Fahnen haben sich erhalten, eine hängt heute etwa im Plenarsaal des rheinland-pfälzischen Landtags in Mainz, eine andere im Großen Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.
Das Hambacher Fest Über den Ablauf des Festes sind wir gut unterrichtet, vor allem durch die zahlreichen Berichte der Polizeispitzel. Einer aus Mainz wurde sogar erkannt, verprügelt und eingesperrt. Junge Leute stimmten ein Lied an, das „zum Refrain hatte: ‚Nun kommt der Völker Schmaus, Fürsten zum Land hinaus ...‘“ Advokaten und Prediger wurden als die eifrigsten Teilnehmer gemeldet, es „bedürfe nur eines Winks der Anführer und Alles sei zum gewaffneten Widerstande bereit, man sei völlig gefaßt darauf ... Der berüchtigte Boerne und Harro Harring“ – 1818/19 wahrscheinlich Kieler und sicher Dresdner Burschenschafter – „waren auch anwesend“. In Gasthäusern und Tanzsälen „ist der Teufel los“. Devotionalien von eigens komponierten Musikstücken bis hin zum schwarz-rot- goldenen Bonbonpapier werden angeboten und finden reißenden Absatz. Im Schießhaus, einer Wirtschaft vor der Stadt, sammelt sich ein großer Teil der bekannteren Gäste. Wirth bemerkt in der von ihm herausgegebenen Festbeschreibung „Das Nationalfest der Deutschen zu Hambach“, man habe Vertreter aller deutschen Stämme dort gesehen, „und unter Ihnen die in Deutschland am höchsten stehenden Namen. Es war ein großer, schöner Moment, wo alte Freunde einander wiedersahen, wo neue Freundschaften geschlossen wurden, und wo vor allem die Brüderstämme der Deutschen ... mit Begeisterung sich umschlangen und die großen Interessen des gemeinsamen Vaterlandes ... lebhaft verhandelten“: aus der Pariser Emigration war der Schriftsteller Ludwig Börne gekommen, der nordfriesische Revolutionsdichter Harro Harring und der Advokat und Publizist Jacob Venedey (1805-1871) – alte Bonner und Heidelberger Burschenschaft sowie Germania Jena – waren erschienen. Besonders stürmisch gefeiert wurden Karl Heinrich Brüggemann (1810-1887), Mitglied der Bonner Burschenschaft Germania, Heidelberger Fäßlianer und Mitglied der dortigen alten Burschenschaft Franconia, und der Jenaer, Münchner und Heidelberger Burschenschafter Gustav Peter Körner (1809-1896), im nächsten Frühjahr ein Führer der Wachenstürmer, später Vizegouverneur von Illinois und US-Gesandter in Madrid. Beide sprachen für die anwesenden Studenten. Allein über dreihundert Heidelberger Burschenschafter waren am 25. Mai „im langen Zug gekommen, vor sich eine große Schwarz-Roth-Goldene Fahne hertragend“. Sie stellten nur eine, wenn auch sehr aktive und auf Grund ihrer Bänder und Mützen besonders auffallende Minderheit, als das Fest am Abend des 26. Mai begann. Glocken läuteten, Böller erdröhnten und auf den höchsten Gipfeln des Haardtgebirges erleuchteten Freudenfeuer die Nacht bis zum nächsten Morgen. Es wurden Reden gehalten, gezecht und gesungen. Am 27., früh um 8.00 Uhr, versammelten sich die Teilnehmer auf dem Neustädter Marktplatz zum Zug auf die Hambacher Ruine, voran eine Abteilung der Bürgergarde, gefolgt von „Frauen und Jungfrauen mit der poln. Fahne“, wiederum Bürgergarde, dann „eine Abtheilung der Festordner, von welchen jeder eine Schärpe aus schwarz, roth und gold trug, in der Mitte die deutsche Fahne, mit der Inschrift ‚Deutschlands Wiedergeburt‘“. Der Zug sang Ernst Moritz Arndts „Was ist des Deutschen Vaterland?“, das bis 1870 als heimliche deutsche Nationalhymne galt, dazu die beliebten Polenlieder „Noch ist Polen nicht verloren“ – später polnische Nationalhymne – und „In Warschau schwuren Tausend auf den Knien“ sowie immer wieder Siebenpfeiffers Festhymne „Hinauf, Patrioten, zum Schloß“ nach der Melodie von Schillers Reiterlied: Hinauf, Patrioten, zum Schloß, zum Schloß! Wir sahen die Polen, sie zogen aus, Auch wir, Patrioten, wir ziehen aus Was tändelt der Badner mit Gelb und Rot, D’rum auf, Patrioten, der Welt sei kund,
Die Reden Oben wurde „auf einem erhöhten Punkte die polnische, und oben auf den höchsten Zinnen der Ruine die deutsche Fahne aufgepflanzt. Weithin über die gesegneten Auen wehte nun das stolze Banner unseres Vaterlandes. ... Oben ganz nahe an den Burgmauern war ein schöner ebener Platz mit Verzierungen von grünem eichenen Laub und einer Ehrenpforte, dann eine Tribüne, wo die Volksredner Reden gehalten haben.“ Siebenpfeiffer pries den Tag, „an welchem die Fürsten die bunten Hermeline feudalistischer Gottstatthalterschaft mit der männlichen Toga deutscher Nationalwürde vertauschen müßten! Hoch lebe jedes Volk, das seine Ketten, bricht und mit uns den Bund der Freiheit schwört: Vaterland, Volkshoheit, Völkerbund hoch!“ Dann sprach Wirth über Österreichs und Preußens partikulare und volksfeindliche Politik, über die geknechteten Völker Ungarns, ,Polens, Italiens und Deutschlands. Er entwickelt seine Vision von einem republikanischen Europa der Nationen, vom freien Handel und ,einer Gesellschaft mit Bildung und Wohlstand für alle, gefolgt von einem dreimaligen Fluch auf die Könige und Fürsten als Volksverräter. An dieser Stelle habe Wirths Wut, so ein Burschenschafter, ihren Gipfel erreicht: „Der Schweiß rann ihm vom Gesicht, sein Mund schäumte ...“ Anschließend schlug Wirth ohne Erfolg eine politische Organisation vor, wozu zwanzig Patrioten als Wahlmänner gewählt werden sollten, die die Reform in und für ganz Deutschland vorbereiteten. Er schloß: „Hoch! dreimal hoch leben die vereinigten Freistaaten Deutschlands! Hoch! dreimal hoch das conföderirte republikanische Europa!“ Geantwortet wird ihm erst mit Staunen, gefolgt von unbeschreiblichem Jubel. Wirth ist der einzige Redner, der konkrete Vorschläge unterbreitet. Zugleich warnte er vor der „Mithilfe Frankreichs“, das doch nur die Rheingrenze als Preis dieser Hilfe im Kopf habe, was die anwesenden Franzosen ebenso wie die Rückforderung Elsaß-Lothringens nicht wenig verletzte: „Selbst die Freiheit darf auf Kosten der Integrität unseres Gebietes nicht erkauft werden; der Kampf um unser Vaterland und unsere Freiheit muß ohne fremde Einmischung durch unsere eigene Kraft von innen heraus geführt werden, und die Patrioten müssen in dem Augenblicke, wo fremde Einmischung statt findet, die Opposition gegen die inneren Verräter suspendiren und das Gesammtvolk gegen den äußeren Feind zu den Waffen rufen.“ Hier klangen die Erfahrungen der Befreiungskriege nach, aber auch aktuelle Meldungen über einen bevorstehenden republikanischen Aufstand in Paris, den manche wie der Festmitorganisator, der Zweibrücker Rechtsanwalt Friedrich Schüler (1791-1873), bis auf die Pfalz meinten ausdehnen zu können. Wirth befürchtete, „daß vielen die Freiheit oder gar eine Loslösung der Pfalz von Bayern wichtiger sein könnte als das gemeinsame Vaterland. Statt allzu lange auf ‚Deutschlands Wiedergeburt‘ zu warten, würde sich in der Tat manch einer lieber mit dem Spatz in der Hand begnügen, einer linksrheinischen Republik etwa mit französischer Unterstützung.“ Wirths Rede wird von den Regierungen als direkte Aufforderung zu Revolution und Umsturz gewertet. Zumindest viele der anwesenden Burschenschafter sehen es so, einer der Samen des elf Monate später stattfindenden Frankfurter Wachensturms ist hier gelegt worden. Die Studenten jubelten, als Wirth nach seiner Rede wegen seines Kampfes für die Pressefreiheit ein eigens angefertigtes Schwert überreicht wird, in dessen Klinge „Dem Wirth/Deutsche in Frankfurt“ und der leicht veränderte burschenschaftliche Wahlspruch „Vaterland – Ehre – Freiheit“ eingraviert ist.
Ausklang Mit den Reden und Feierlichkeiten auf dem Hambacher Schloß war das Fest nicht zu Ende. An den nächsten Tagen hielten sich noch Tausende in und um Neustadt auf, die Fahnen wurden erst am 1. Juni eingeholt. Am Montagvormittag, am 28. Mai, trafen sich im Schießhaus fünfhundert führende Demokraten, darunter zahlreiche ehemalige Burschenschafter. Das Treffen ist weder in der Festbeschreibung erwähnt noch melden es alle Agenten. „Der spezielle Gegenstand, welcher hier im Schießhause verhandelt wurde, bestand aber darin, daß die Redner darauf drangen, es sollten die einzelnen deutschen Stämme jeder einen Mann aus seiner Mitte wählen, welcher das Vertrauen seiner Mitbürger genieße.“ Die Gewählten sollten einen „National-Konvent“ bilden, die Radikalen verlangten die Bestimmung eines Tages, an dem „losgeschlagen“ werden sollte. Schließlich verständigte man sich auf den Ausbau des Preßvereins, der zu einem Nationalkomitee werden sollte, einer „National-Repräsentation“, die dem Bundestag der Fürsten als Volksvertretung bei- oder übergeordnet wird. Brüggemann äußerte Bedenken, Venedey erschien die Debatte absurd: man solle jeden Gedanken an Legalität abtun, solle das Gesetz der Fürsten brechen und sich das Recht zum gewaltsamen Umsturz auf ungesetzlichem Wege nehmen. Ein Ergebnis zeichnete sich nicht ab, die Versammlung endete chaotisch, eine revolutionäre Aktion wird nicht gestartet. Schließlich setzte man sich im kleinen Kreis nochmals zusammen. Der Preß- und Vaterlandsverein wird in „Deutscher Reformverein“ umbenannt, soll die politischen Ergebnisse der Hambacher Volksversammlung auswerten und die liberalen Ideen weiterentwickeln und verbreiten. Dazu kam es nicht, denn die Polizei entdeckte bei Siebenpfeiffer ein Programm mit Forderungen wie Volksbewaffnung, Volkssouveränität und Völkerbund. Er und Wirth wurden verhaftet, angeklagt und im Aufsehen erregenden Landauer „Assisenprozeß“ verurteilt, beiden gelingt die Flucht in die Schweiz.
Folgen Wie ihnen ergeht es vielen. Körner vermutete schon, „daß der Zorn der Könige und Fürsten viele unter uns treffen würde“. Der Deutsche Bund reagiert mit Verfolgung und Repression – der anfangs genannte Hude sitzt drei Jahre in Haft –, Truppen werden in die Pfalz verlegt, 8.500 Mann, fast die Hälfte der bayerischen Armee. Deren Befehlshaber, Feldmarschall Fürst Wrede, droht mit Stand- und Kriegsrecht und möchte Rädelsführer aufhängen oder erschießen lassen, was die Münchner Regierung jedoch nicht genehmigt. Liberale und Demokraten gehen ins Exil in die Schweiz, nach Frankreich oder in die USA, die Versammlungs- und Pressefreiheit wird weiter eingeschränkt und die Karlsbader Beschlüsse wieder in Kraft gesetzt, vor allem nach dem Frankfurter Wachensturm, als dessen eigentlichen Auslöser die Regierungen das Hambacher Fest betrachten. Es findet Nachahmung in Vach, St. Wendel, Königstein i. Ts., Butzbach i. Hess., Regensburg, Augsburg, Dinkelsbühl, Schmalkalden, auf dem Niederwald, in Badenweiler, Spaichingen i. Württ. und auf dem Wollenberg bei Marburg, vor allem die Feste in Gaibach bei Würzburg und in Wilhelmsbad bei Hanau – dort war Brüggemann wiederum sehr engagiert – sind erwähnenswert. Doch erst mit der Märzrevolution 1848 gelingt der nationalen und liberalen Opposition ein erneuter, diesmal wenigstens zeitweise erfolgreicher Vorstoß. Viele, die in Hambach teilnahmen, saßen sechzehn Jahre später als Abgeordnete in der Nationalversammlung, so auch Wirth, Hudes Briefpartner Rüder, Mathy, Eisenmann und Förster.
Fazit Hambach war die Fortsetzung des Wartburgfestes – so bereits Brüggemann in seiner Festrede –, was auf der Wartburg die Studenten, das habe in Hambach das ganze Volk geschworen. Alles sei „deutsch und Schwarz-Roth-Gold“ gewesen. Hambach war die größte und bedeutendste demokratische Volksversammlung des Vormärz, die erste politische Massenveranstaltung in Deutschland, der Höhepunkt einer breiten Bewegung in den deutschen Staaten, die erstmalige massenhafte Vertretung nationaler, radikaler republikanischer Forderungen und mit dem Preßverein der erste Versuch des Aufbaus einer organisierten Partei sowie die „erste Formulierung und Proklamation der Grundrechte des deutschen Volkes. Das Einzigartige und bis dahin noch nie Dagewesene hat Wirkung und Sprengkraft über das Jahrhundert hinaus.“ Quelle: http://www.burschenschaft.de/175-Jahre-Hambacher-Fest/index.htm
Quellen und Literatur: Bundesarchiv, Koblenz, DB 9 (Deutsche Burschenschaft), B. I. Urburschenschaft und frühe Burschenschaft, 1815-1850. Quelle: http://www.burschenschaft.de/175-Jahre-Hambacher-Fest/index.htm Noch mehr zumThema ... ... Hambacher Schloss ... Hambach a.d.Weinstraße ... Stadt Neustadt a.d. Weinstraße ... Dr. Siebenpfeiffer ... Geschichte der Pfalz ... Heimatmuseum Bad-Dürkheim Animierte Flagge von http://www.nationalflaggen.de, Lieder von http://www.burschenschaft.de/studentenlieder/index.htm
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