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William Shakespeare - 154 Sonetten

Sonett XCIII

So werd’ ich leben, wähnend dich mir treu,
Wie ein betrogner Gatte; deiner Liebe
Antlitz vertrau’n, wenn dies stets wechselt neu;
Dein Blick bei mir, dein Herz bei Andern bliebe.
In deinem Auge ist für Groll nicht Raum,
Nicht kündet es dein unbeständig Wesen;
Wenn Andrer Blick uns, zu verkennen kaum,
Des Herzens Zug in finstrer Schrift läßt lesen.
Dir ward zu Theil des Schöpfers Himmelssegen,
Daß Liebe stets umfächle dein Gesicht;
Mag auch dein Herz leicht wankend sich bewegen,
Dein süßes Bild verräth es plaudernd nicht.
Es wäre dein Reiz Evens Apfel gleich,
Wenn du an Tugend nicht wie Anmuth reich.

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