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Käufer. Wie? es soll mir nicht weh thun wenn ich gepeitscht werde? Meynst du denn ich habe eine Haut von Schildpatt oder von Krebsschalen?
Diogenes. Du wirst es, mit einer kleinen Veränderung, machen wie jener beym Euripides.
Käufer. Wie so?
Diogenes.
Die Seele wird dich schmerzen, nicht die Zunge.1)
Die wesentlichsten Eigenschaften aber, die du besitzen mußt, sind diese: du mußt frech und trotzig seyn, und einem jeden ohne Ausnahme, vom Fürsten bis zum gemeinsten Manne, Grobheiten ins Gesicht sagen. Denn das wird aller Augen auf dich ziehen und dir den Nahmen eines großherzigen Mannes verschaffen. Deine Sprache muß etwas fremdes und der Ton deiner Stimme etwas knurriges und hündisches haben; dein Gesicht muß in die Länge gezogen seyn, und dein Gang wie sichs zu einem solchen Gesichte schickt: mit Einem Worte, alles wild und thierisch. Aller Schaam, Anständigkeit und Bescheidenheit mußt du auf immer den Abschied geben, und keinen Begriff davon haben wie man über etwas erröthen kann. Du erscheinst überall wo die meisten Menschen beysammen sind, aber thust immer als ob du mitten unter ihnen allein seyest, und erkennest niemand, weder einheimischen noch fremden, für deinen Freund; denn dieß würde deiner königlichen Unabhänglichkeit auf einmal ein Ende machen. Verrichte ungescheut vor aller Welt Augen was niemand im Verborgenen thun möchte, und wenn du der Venus opferst, so gescheh es immer auf die widersinnigste und lächerlichste Art. Endlich, wenn du des Possenspiels müde bist, so iß einen rohen Polypus oder einen Tintenfisch auf2) und stirb. Dieß ist die Glückseligkeit die ich dir garantiren kann!
Käufer. Pfuy! das nenn' ich eine schändliche und viehische Glückseligkeit!
Diogenes. Dafür aber ist sie auch ohne alle Mühe zu erhalten, und steht zu allen Zeiten in eines jeden Gewalt. Denn du brauchst dazu weder Gelehrsamkeit noch Räsonnement, noch andere solche Possen, sondern gehst unter allen Wegen die zum Ruhme führen den kürzesten. Du kannst der gemeinste Kerl, ohne alle Erziehung und Kenntnisse, ein Gerber, ein Pökelhändler, ein Grobschmidt, oder ein Geldmäkler seyn, das wird dich nicht hindern ein Wundermann in den Augen des Volkes zu werden, wenn du nur unverschämt und frech genug bist, und tapfer schimpfen gelernt hast.
Käufer. Höre, Bursche, zu dem allen kann ich dich nicht brauchen; aber du hast tüchtige Schultern, um am Ruder oder im Garten zu arbeiten, und dazu will ich dich kaufen; aber mehr als zwey Pfennige laß ich mirs nicht kosten.
Merkur. Sollst ihn dafür haben! Wir sind froh daß wir des lästigen Schreyers loß sind, der allen Leuten ohne Unterschied nichts als unartige und beleidigende Dinge sagt.
Jupiter. Rufe nun den Cyrenäer dort im Purpurkleide und mit dem Kranz um die Stirne her.3)
Merkur. Nun, ihr Herren allerseits, gebt wohl acht! das ist ein kostbares Stück, das nur reiche Leute kaufen können. Wer hat Lust, sich das angenehmste das glückseligste Leben zu verschaffen? Wer ist Liebhaber von Üppigkeit und Wollust? wer kauft mir diesen Weichling ab?
Käufer. Komm näher, du, und sage was du kannst; ich möchte dich wohl kaufen, wenn du zu was nütze bist.
Merkur. Beunruhige ihn nicht mit Fragen, wenn ich bitten darf; du siehst ja, daß er dir mit dieser wackelnden Zunge nicht wohl antworten könnte; er ist betrunken.
Käufer. Aber welcher vernünftige Mensch wird einen so liederlichen unenthaltsamen Sclaven kaufen wollen? Nach wie vielen Riechwassern er stinkt! Wie er daher schlottert und keinen festen Tritt thun kann! - Und was soll dann an ihm seyn, Merkur? was ist seine Sache?
Merkur. Überhaupt ist er ein treflicher Gesellschafter, ein großer Weinkenner, und bey einem Nachtschmaus eines jungen Taugenichts mit einer Tänzerin den dritten Mann zu machen, darin thut es ihm keiner so leicht zuvor. Überdieß versteht er sich sehr gut aufs Kuchenbacken und ist einer der geschicktestem Köche die man finden kann4): mit Einem Worte, ich geb' ihn für einen ausgelernten Meister in der Kunst die Wollust zu raffiniren! Seine Lehrjahre brachte er zu Athen zu; darauf trat er in die Dienste gewisser Sicilianischen Fürsten, und stand in ausserordentlichen Gnaden bey ihnen. Übrigens kann ich dir mit drey Worten sagen, worauf sein System hinausläuft. Es besteht darin: alles zu persifliren, sich in alles schicken zu können, und überall das Angenehme heraus zu finden.
Käufer. Da wirst du dich um einen Käufer umsehen müssen, der das Geld wegzuwerfen hat; ich bin nicht reich genug einen so lockern Zeisig zu erstehen.
Merkur zu Jupiter. Der scheint nicht verkäuflich zu seyn, Jupiter; er wird uns wohl bleiben5).
Jupiter. Heiß' ihn auf die Seite treten, und laß einen andern kommen - oder lieber dort den lachenden Abderiten, und den weinenden Ephesier; denn die beyden müssen mit einander weggehen.
Merkur. So tretet hervor! Da biete ich ein paar herrliche Charakter aus! Ich gebe sie für die zwey weisesten in meinem ganzen Magazine.
Käufer. Großer Jupiter! welch ein Contrast! der eine lacht ohne Aufhören, und dem andern muß was sehr liebes gestorben seyn, denn er weint an Einem Stücke. - Hey da, guter Freund, worüber lachst du so?6)
Demokritus. Du kannst noch fragen? Weil ich alle eure Dinge und euch selbst lächerlich finde.
Käufer. Wie? du lachst uns alle aus, und siehest alle menschliche Dinge für nichts bedeutend an.
Demokritus. So ists; es ist überall nichts gescheidtes daran, alles ist ungefehrer Atomentanz im unendlichen Leeren.
Käufer. Du magst mir wohl selbst ein leerer Kopf und ein großer Windbeutel seyn. Was für eine Insolenz das ist! Wird das Lachen kein Ende nehmen? - Aber du, ehrlicher Mann, (denn mit dir, hoff' ich, wird sich doch noch ein vernünftiges Wort reden lassen) warum weinst du?7)
Heraklitus. Weil ich das Loos der Menschen jämmerlich und beweinenswürdig finde. Alles, vom Kleinsten bis zum Größten, ist der Hinfälligkeit und dem Tod unterworfen. Das menschliche Leben ist in meinen Augen ein immerwährender Leichenzug und die Erde ein immer offnes Grab. Das Gegenwärtige möchte noch hingehen: aber was in der Zukunft bevorsteht ist äußerst traurig; ich meine den allgemeinen Brand, der das Ganze zerstören wird. Das ist's, was ich bejammere; und daß nichts beständiges in der Natur ist, sondern alles in einem ewigen Mischmasch durch einander geht; daß Vergnügen und Schmerz, Wissenschaft und Unwissenheit, Großes und Kleines, das Oberste und das Unterste im Grunde ebendasselbe ist, kurz, daß in dem Kinderspiele der Zeit alle Dinge ohne Plan und Endzweck8) wechseln.
Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.
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