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Jacob Burckhardt - Die Kultur der Renaissance in Italien

Jacob Burckhardt - Die Kultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch.
Zweiter Abschnitt: Entwicklung des Individuums - Der moderne Ruhm

Der bisher geschilderten Entwicklung des Individuums entspricht auch eine neue Art von Geltung nach aussen: der moderne Ruhm1).

Ausserhalb Italiens lebten die einzelnen Stände jeder für sich mit seiner einzelnen mittelalterlichen Standesehre. Der Dichterruhm der Troubadours und Minnesänger z. B. existiert nur für den Ritterstand. In Italien dagegen ist Gleichheit der Stände vor der Tyrannis oder vor der Demokratie eingetreten; auch zeigen sich bereits Anfänge einer allgemeinen Gesellschaft, die ihren Anhalt an der italienischen und lateinischen Literatur hat, wie hier in vorgreifender Weise bemerkt werden muss; dieses Bodens aber bedurfte es, um jenes neue Element im Leben zum Keimen zu bringen. Dazu kam, dass die römischen Autoren, welche man emsig zu studieren begann, von dem Begriff des Ruhmes erfüllt und getränkt sind und dass schon ihr Sachinhalt - das Bild der römischen Weltherrschaft - sich dem italienischen Dasein als dauernde Parallele aufdrängte. Fortan ist alles Wollen und Vollbringen der Italiener von einer sittlichen Voraussetzung beherrscht, die das übrige Abendland noch nicht kennt.

Wiederum muss zuerst Dante gehört werden, wie bei allen wesentlichen Fragen. Er hat nach dem Dichterlorbeer2) gestrebt mit aller Kraft seiner Seele; auch als Publizist und Literator hebt er hervor, dass seine Leistungen wesentlich neu, dass er der erste auf seinen Bahnen nicht nur sei, sondern auch heissen wolle3). Doch berührt er schon in seinen Prosaschriften auch die Unbequemlichkeiten eines hohen Ruhmes; er weiss, wie manche bei der persönlichen Bekanntschaft mit dem berühmten Manne unbefriedigt bleiben, und setzt auseinander, dass hieran teils die kindische Phantasie der Leute, teils der Neid, teils die eigene Unlauterkeit des Betreffenden schuld sei4). Vollends aber hält sein grosses Gedicht die Anschauung von der Nichtigkeit des Ruhmes fest, wenngleich in einer Weise, welche verrät, dass sein Herz sich noch nicht völlig von der Sehnsucht danach losgemacht. Im Paradies ist die Sphäre des Mercur der Wohnsitz solcher Seligen5), die auf Erden nach Ruhm gestrebt und dadurch den »Strahlen der wahren Liebe« Eintrag getan haben. Hochbezeichnend aber ist, dass die armen Seelen im Inferno von Dante verlangen, er möge ihr Andenken, ihren Ruhm auf Erden erneuern und wachhalten6), während diejenigen im Purgatorio nur um Fürbitte flehen7); ja in einer berühmten Stelle8) wird die Ruhmbegier - lo gran disio dell' eccellenza - schon deshalb verworfen, weil der geistige Ruhm nicht absolut, sondern von den Zeiten abhängig sei und je nach Umständen durch grössere Nachfolger überboten und verdunkelt werde.

Rasch bemächtigt sich nun das neu aufkommende Geschlecht von Poeten-Philologen, welches auf Dante folgt, des Ruhmes in doppeltem Sinn: indem sie selber die anerkanntesten Berühmtheiten Italiens werden und zugleich als Dichter und Geschichtschreiber mit Bewusstsein über den Ruhm anderer verfügen. Als äusseres Symbol dieser Art von Ruhm gilt besonders die Poetenkrönung, von welcher weiter die Rede sein wird.

Ein Zeitgenosse Dantes, Albertinus Musattus oder Mussatus, zu Padua von Bischof und Rektor als Dichter gekrönt, genoss bereits einen Ruhm, der an die Vergötterung streifte; jährlich am Weihnachtstage kamen Doktoren und Scholaren beider Kollegien der Universität in feierlichem Aufzug mit Posaunen und, scheint es, mit brennenden Kerzen vor sein Haus, um ihn zu begrüssen9) und zu beschenken. Die Herrlichkeit dauerte, bis er (1318) bei dem regierenden Tyrannen aus dem Hause Carrara in Ungnade fiel.

In vollen Zügen geniesst auch Petrarca den neuen, früher nur für Helden und Heilige vorhandenen Weihrauch und überredet sich sogar in seinen spätem Jahren, dass ihm derselbe ein nichtiger und lästiger Begleiter scheine. Sein Brief »an die Nachwelt«10) ist die Rechenschaft des alten, hochberühmten Mannes, der die öffentliche Neugier zufriedenstellen muss; bei der Nachwelt möchte er wohl Ruhm geniessen, bei den Zeitgenossen aber sich lieber denselben verbitten11); in seinen Dialogen von Glück und Unglück12) hat bei Anlass des Ruhmes der Gegenredner, welcher dessen Nichtigkeit beweist, den stärkern Akzent für sich. Soll man es aber strenge nehmen, wenn es Petrarca noch immer freut, dass der paläologische Autokrator von Byzanz13) ihn durch seine Schriften so genau kennt wie Kaiser Karl IV. ihn kennt? Denn in der Tat ging sein Ruf schon bei Lebzeiten über Italien hinaus. Und empfand er nicht eine gerechte Rührung, als ihn bei einem Besuch in seiner Heimat Arezzo die Freunde zu seinem Geburtshaus führten und ihm meldeten, die Stadt sorge dafür, dass nichts daran verändert werden dürfe14)! Früher feierte und konservierte man die Wohnungen einzelner grosser Heiligen, wie z. B. die Zelle des S. Thomas von Aquino bei den Dominikanern in Neapel, die Portiuncula des S. Franciskus bei Assisi; höchstens genossen noch einzelne grosse Rechtsgelehrte jenes halbmythische Ansehen, welches zu dieser Ehre führte; so benannte das Volk noch gegen Ende des 14. Jahrhunderts zu Bagnolo unweit Florenz ein altes Gebäude als »Studio« des Accursius (geb. um 1150), liess aber doch geschehen, dass es zerstört wurde15). Wahrscheinlich frappierten die hohen Einnahmen und die politischen Verbindungen einzelner Juristen (als Konsulenten und Deduktionenschreiber) die Einbildungskraft der Leute auf lange hinaus.

Zum Kultus der Geburtshäuser gehört der der Gräber berühmter Leute16); für Petrarca kommt auch noch der Ort, wo er gestorben, überhaupt hinzu, indem Arquato seinem Andenken zu Ehren ein Lieblingsaufenthalt der Paduaner und mit zierlichen Wohngebäuden geschmückt wurde17) - zu einer Zeit, da es im Norden noch lange keine »klassischen Stellen«, sondern nur Wallfahrten zu Bildern und Reliquien gab. Es wurde Ehrensache für die Städte, die Gebeine eigener und fremder Zelebritäten zu besitzen, und man erstaunt zu sehen, wie ernstlich die Florentiner schon im 14. Jahrhundert - lange vor S. Croce - ihren Dom zum Pantheon zu erheben strebten. Accorso, Dante, Petrarca, Boccaccio und der Jurist Zanobi della Strada sollten dort Prachtgräber erhalten18). Noch spät im 15. Jahrhundert verwandte sich Lorenzo magnifico in Person bei den Spoletinern, dass sie ihm die Leiche des Malers Fra Filippo Lippi für den Dom abtreten möchten, und erhielt die Antwort: sie hätten überhaupt keinen Ueberfluß an Zierden, besonders nicht an berühmten Leuten, weshalb er sie verschonen möge; in der Tat musste man sich mit einem Kenotaphium begnügen. Und auch Dante blieb trotz allen Verwendungen, zu welchen schon Boccaccio mit emphatischer Bitterkeit die Vaterstadt aufstachelte19), ruhig bei S. Francesco in Ravenna schlafen, »zwischen uralten Kaisergräbern und Heiligengrüften, in ehrenvollerer Gesellschaft als du, o Heimat, ihm bieten könntest.« Es kam schon damals vor, dass ein wunderlicher Mensch ungestraft die Lichter vom Altar des Kruzifixes wegnahm und sie an das Grab stellte mit den Worten: Nimm sie, du bist ihrer würdiger als jener - der Gekreuzigte20).

Nunmehr gedenken auch die italischen Städte wieder ihrer Mitbürger und Einwohner aus dem Altertum. Neapel hatte vielleicht sein Grab Virgils nie ganz vergessen, schon weil sich ein halbmythischer Begriff an den Namen geknüpft hatte. Padua glaubte vollends noch im 16. Jahrhundert nicht nur die echten Gebeine seines trojanischen Gründers Antenor, sondern auch die des Titus Livius zu besitzen21). »Sulmona«, sagt Boccaccio22), »klagt, dass Ovid fern in der Verbannung begraben sei, Parma freut sich, dass Cassius in seinen Mauern schlummre.« Die Mantuaner prägten im 14. Jahrhundert eine Münze mit dem Brustbild Virgils und stellten eine Statue auf, die ihn vorstellen sollte; aus mittelalterlichem Junkerhochmut23) liess sie der Vormund des damaligen Gonzaga, Carlo Malatesta, 1392 umstürzen und musste sie, weil der Ruhm des alten Dichters stärker war, wieder aufrichten lassen. Vielleicht zeigte man schon damals zwei Miglien von der Stadt die Grotte, wo einst Virgil meditiert haben sollte24), gerade wie bei Neapel die Scuola di Virgilio. Como eignete sich die beiden Plinius zu25) und verherrlichte sie gegen Ende des 15. Jahrhunderts durch sitzende Statuen in zierlichen Baldachinen an der Vorderseite seines Domes.

Auch die Geschichtschreibung und die neugeborene Topographie richten sich fortan darauf ein, keinen einheimischen Ruhm mehr unverzeichnet zu lassen, während die nordischen Chroniken nur erst hie und da zwischen Päpsten, Kaisern, Erdbeben und Kometen die Bemerkung machen, zu dieser Zeit habe auch dieser oder jener berühmte Mann »geblüht«. Wie sich eine ausgezeichnete Biographik, wesentlich unter der Herrschaft des Ruhmesbegriffes, entwickelte, wird bei einem andern Anlass zu betrachten sein; hier beschränken wir uns auf den Ortspatriotismus des Topographen, der die Ruhmesansprüche seiner Stadt verzeichnet.

Im Mittelalter waren die Städte stolz gewesen auf ihre Heiligen und deren Leichen und Reliquien in den Kirchen26). Damit beginnt auch noch der Panegyrist von Padua um 1450, Michele Savonarola27) seine Aufzählung; dann aber geht er über auf »berühmte Männer, welche keine Heiligen gewesen sind, jedoch durch ausgezeichneten Geist und hohe Kraft (virtus) verdient haben, den Heiligen angeschlossen zu werden (adnecti)« - ganz wie im Altertum der berühmte Mann an den Heros angrenzt28). Die weitere Aufzählung ist für jene Zeit bezeichnend im höchsten Grade.

Zuerst folgen Antenor, der Bruder des Priamus, der mit einer Schar flüchtiger Troer Padua gegründet; König Dardanus, der den Attila in den euganeischen Bergen besiegte, ihn weiter verfolgte und zu Rimini mit einem Schachbrett totschlug; Kaiser Heinrich IV., der den Dom erbaut hat; ein König Marcus, dessen Haupt in Monselice aufbewahrt wird; - dann ein paar Kardinäle und Prälaten als Stifter von Pfründen, Kollegien und Kirchen; der berühmte Theologe Fra Alberto, der Augustiner, eine Reihe von Philosophen mit Paolo Veneto und dem weltbekannten Pietro von Abano beginnend; der Jurist Paolo Padovano; sodann Livius und die Dichter Petrarca, Mussato, Lovato. Wenn an Kriegszelebritäten einiger Mangel zu verspüren, so tröstet sich der Autor mit dem Ersatz von gelehrter Seite und mit der grössern Dauerhaftigkeit des geistigen Ruhmes, während der Kriegsruhm oft mit dem Leibe begraben werde und, wenn er dauere, dies doch nur den Gelehrten verdanke. Immerhin aber gereiche es der Stadt zur Ehre, dass wenigstens berühmte auswärtige Krieger auf eigenes Begehren in ihr begraben lägen: so Pietro de Rossi von Parma, Filippo Arcelli von Piacenza, besonders Gattamelata von Narni (+ 1442), dessen ehernes Reiterbild »gleich einem triumphierenden Cäsar« bereits bei der Kirche des Santo aufgerichtet stand. Dann nennt der Verfasser Scharen von Juristen und Medizinern, Adlige, welche nicht bloss wie so viele »die Ritterwürde empfangen, sondern sie auch verdient hatten«, endlich berühmte Mechaniker, Maler und Tonkünstler. Den Beschluss macht ein Fechtmeister Michele Rosso, welcher als der Berühmteste seines Faches an vielen Orten gemalt zu sehen war.

Neben solchen lokalen Ruhmeshallen, bei deren Ausstattung Mythus, Legende, literarisch hervorgebrachte Renommée und populäres Erstaunen zusammenwirken, bauen die Poeten-Philologen an einem allgemeinen Pantheon des Weltruhms; sie schreiben Sammelwerke: von berühmten Männern, von berühmten Frauen, oft in unmittelbarer Abhängigkeit von Corn. Nepos, Pseudo-Sueton, Valerius Maximus, Plutarch (Mulierum virtutes), Hieronymus (de viris illustribus) usw. Oder sie dichten von visionären Triumphzügen und idealen, olympischen Versammlungen, wie Petrarca namentlich in seinem Trionfo della fama, Boccaccio in seiner Amorosa visione, mit Hunderten von Namen, wovon mindestens drei Vierteile dem Altertum, die übrigen dem Mittelalter angehören29). Allmählich wird dieser neuere, relativ moderne Bestandteil mit grösserem Nachdruck behandelt; die Geschichtschreiber legen Charakteristiken in ihre Werke ein, und es entstehen Sammlungen von Biographien berühmter Zeitgenossen, wie die von Filippo Villani, Vespasiano Fiorentino und Bartolommeo Fazio30), zuletzt die von Paolo Giovio. Der Norden aber besass, bis Italien auf seine Autoren (z. B. Trithemius) einwirkte, nur Legenden der Heiligen und vereinzelte Geschichten und Beschreibungen von Fürsten und Geistlichen, die sich noch deutlich an die Legende anlehnen und vom Ruhm, d. h. von der persönlich errungenen Notorietät, wesentlich unabhängig sind.

Der Dichterruhm beschränkt sich noch auf bestimmte Stände, und die Namen der Künstler erfahren wir im Norden fast ausschließlich nur, insofern sie als Handwerker und Zunftmenschen auftreten. Der Poet-Philolog in Italien hat aber, wie bemerkt, auch schon das stärkste Bewusstsein davon, dass er der Austeiler des Ruhmes, ja der Unsterblichkeit sei; und ebenso der Vergessenheit31). Schon Boccaccio klagt über eine von ihm gefeierte Schöne, welche hartherzig blieb, um immer weiter von ihm besungen und dadurch berühmt zu werden, und verdeutet ihr, er wolle es fortan mit dem Tadel versuchen32). Sannazaro droht dem vor Karl VIII. feig geflohenen Alfonso von Neapel in zwei prächtigen Sonetten mit ewiger Obskurität33). Angelo Poliziano mahnt (1491) den König Johann von Portugal34) in betreff der Entdeckungen in Afrika ernstlich daran, beizeiten für Ruhm und Unsterblichkeit zu sorgen und ihm das Material »zum Stilisieren« (operosius excolenda) nach Florenz zu übersenden; sonst möchte es ihm ergehen wie all jenen, deren Taten, von der Hülfe der Gelehrten entblösst, »im grossen Schutthaufen menschlicher Gebrechlichkeit verboten liegen bleiben«.

Der König (oder doch sein humanistisch gesinnter Kanzler) ging darauf ein und versprach wenigstens, es sollten die bereits portugiesisch abgefassten Annalen über die afrikanischen Dinge in italienischer Uebersetzung nach Florenz zur lateinischen Bearbeitung verabfolgt werden; ob dies wirklich geschah, ist nicht bekannt. So ganz leer, wie dergleichen Prätensionen auf den ersten Blick scheinen, sind sie keineswegs; die Redaktion, in welcher die Sachen (auch die wichtigsten) vor Mit- und Nachwelt treten, ist nichts weniger als gleichgültig. Die italienischen Humanisten mit ihrer Darstellungsweise und ihrem Latein haben lange genug die abendländische Lesewelt wirklich beherrscht, und auch die italienischen Dichter sind bis ins vorige Jahrhundert weiter in allen Händen herumgekommen als die irgendeiner Nation. Der Taufname des Amerigo Vespucci von Florenz wurde seiner Reisebeschreibung wegen zum Namen des vierten Weltteils, und wenn Paolo Giovio mit all seiner Flüchtigkeit und eleganten Willkür sich dennoch die Unsterblichkeit versprach35), so ist er dabei nicht ganz fehlgegangen.

Neben solchen Anstalten den Ruhm äusserlich zu garantieren, wird hie und da ein Vorhang hinweggezogen, und wir schauen den kolossalsten Ehrgeiz und Durst nach Grösse, unabhängig von Gegenstand und Erfolg, in erschreckend wahrem Ausdruck. So in Macchiavells Vorrede zu seinen florentinischen Geschichten, wo er seine Vorgänger (Lionardo Aretino, Poggio) tadelt wegen des allzu rücksichtsvollen Schweigens in betreff der städtischen Parteiungen. »Sie haben sich sehr geirrt und bewiesen, dass sie den Ehrgeiz der Menschen und die Begier nach Fortdauer des Namens wenig kannten. Wie manche, die sich durch Löbliches nicht auszeichnen konnten, strebten danach durch Schmähliches! Jene Schriftsteller erwogen nicht, dass Handlungen, welche Grösse an sich haben, wie dies bei den Handlungen der Regenten und Staaten der Fall ist, immer mehr Ruhm als Tadel zu bringen scheinen, welcher Art sie auch seien und welches der Ausgang sein möge36).« Bei mehr als einem auffallenden und schrecklichen Unternehmen wird von besonnenen Geschichtschreibern als Beweggrund das brennende Verlangen nach etwas Grossem und Denkwürdigem angegeben. Hier offenbart sich nicht eine blosse Ausartung der gemeinen Eitelkeit, sondern etwas wirklich Dämonisches, d. h. Unfreiheit des Entschlusses, verbunden mit Anwendung der äussersten Mittel und Gleichgültigkeit gegen den Erfolg als solchen. Macchiavell selber fasst z. B. den Charakter des Stefano Porcari (S. 135) so auf37); von den Mördern des Galeazzo Maria Sforza (S. 85) sagen ungefähr dasselbe die Aktenstücke; die Ermordung des Herzogs Alessandro von Florenz (1537) schreibt selbst Varchi (im V. Buch) der Ruhmsucht des Täters Lorenzino Medici (oben S. 87 f.) zu. Noch viel schärfer hebt aber Paolo Giovio38) dieses Motiv hervor; Lorenzino, wegen der Verstümmelung antiker Statuen in Rom durch ein Pamphlet des Molza an den Pranger gestellt, brütet über einer Tat, deren »Neuheit« jene Schmach in Vergessenheit bringen sollte, und ermordet seinen Verwandten und Fürsten. - Es sind echte Züge dieser Zeit hoch aufgeregter, aber bereits verzweifelnder Kräfte und Leidenschaften, ganz wie einst die Brandstiftung im Tempel von Ephesus zur Zeit des Philipp von Mazedonien.


  1. Ein Autor statt vieler: Blondus, Roma triumphans, L. V, p. 117, s., wo die Definitionen der Gloria aus den Alten gesammelt sind und auch dem Christen ausdrücklich die Ruhmbegier gestattet wird. - Ciceros Schrift de gloria, welche noch Petrarca besass, ist bekanntlich seitdem verlorengegangen. Zurück
     
  2. Paradiso XXV, Anfang: Se mai continga etc. - Vgl. Boccaccio, Vita di Dante, p. 49. Vaghissimo fu e d'onore e di pompa, e per avventura più che alla sua inclita virtù non si sarebbe richiesto. Zurück
     
  3. De vulgari eloquio, L. I, Cap. 1. Ganz besonders de Monarchia, L. I, Cap. I, wo er den Begriff der Monarchie darstellen will, nicht bloss um der Welt nützlich zu sein, sondern auch: ut palmam tanti bravii primus in meam gloriam adipiscar. Zurück
     
  4. Convito, ed. Venezia 1529, fol. 5 und 6. Zurück
     
  5. Paradiso VI, 112, s. Zurück
     
  6. Z. B.: Inferno VI, 89. XIII, 53. XVI, 85. XXXI, 127. Zurück
     
  7. Purgatorio V, 70, 87, 133. VI, 26. VIII, 71. XI, 31. XIII, 147. Zurück
     
  8. Purgatorio XI, 79-117. Ausser gloria finden sich hier beisammen: Grido, fama, rumore, nominanza, onore, lauter Umschreibungen derselben Sache. - Boccaccio dichtete, wie er in dem Brief an Joh. Pizinga (Opere volgari, Vol. XVI) gesteht, perpetuandi nominis desiderio. Zurück
     
  9. Scardeonius, de urb. Patav. antiq. (Graev. Thesaur. VI, III, Col. 260). Ob cereis, muneribus oder etwa certis muneribus zu lesen, lasse ich dahingestellt. Die etwas feierliche Persönlichkeit des Mussatus ist schon aus dem Ton seiner Geschichte Heinrichs VII. zu erkennen. Zurück
     
  10. Epistola de origine et vita etc., am Eingang der Opera: «Franc. Petrarca Posteritati salutem». Gewisse neuere Tadler von P.s Eitelkeit würden an seiner Stelle schwerlich so viele Güte und Offenheit behalten haben wie er. Zurück
     
  11. Opera, p. 177: de celebritate nominis importuna. Zurück
     
  12. De remediis utriusque fortunae, passim. Zurück
     
  13. Epist. seniles III, 5. Einen Maßstab von Petrarcas Ruhm gibt z. B. Blondus (Italia illustrata, p. 416) hundert Jahre nachher, durch seine Versicherung, dass auch kaum ein Gelehrter mehr etwas von König Robert dem Guten wüsste, wenn Petrarca seiner nicht so oft und freundlich gedacht hätte. Zurück
     
  14. Epist. seniles XIII, 3, p. 918. Zurück
     
  15. Filippo Villani, Vite, p. 19. Zurück
     
  16. Beides beisammen in der Grabschrift auf Boccaccio: Nacqui in Firenze al Pozzo Toscanelli; Di fuor sepolto a Certaldo giaccio, etc. - Vgl. Opere volgari di Bocc., vol. XVI, p. 44. Zurück
     
  17. Mich. Savonarola, de laudibus Patavii, bei Murat. XXIV, Col. 1157. Zurück
     
  18. Der motivierte Staatsbeschluss von 1396 bei Gaye, Carteggio, I, p. 123. Zurück
     
  19. Boccaccio, Vita di Dante, p. 39. Zurück
     
  20. Franco Sacchetti, Nov. 121. Zurück
     
  21. Erstere in dem bekannten Sarkophag bei S. Lorenzo, letztere am Palazzo della ragione über einer Tür. Das Nähere über deren Auffindung 1413 s. Misson, Voyage en Italie, vol. I. Zurück
     
  22. Vita di Dante, l. c. Wie die Leiche des Cassius nach der Schlacht bei Philippi wieder nach Parma gelangt sein mag? Zurück
     
  23. Nobilitatis fastu, und zwar sub obtentu religionis, sagt Pius II. (Comment. X, p. 473). Die neue Gattung von Ruhm musste wohl vielen Leuten unbequem erscheinen, die an anderes gewöhnt waren. Zurück
     
  24. Vgl. Keysslers Neueste Reisen, p. 1016. Zurück
     
  25. Der ältere war bekanntlich von Verona. Zurück
  1. So verhält es sich auch wesentlich noch in der merkwürdigen Schrift: De laudibus Papiae (bei Murat. XI) aus dem 14. Jahrhundert; viel munizipaler Stolz, aber noch kein spezieller Ruhm. Zurück
     
    De laudibus Patavii, bei Murat. XXIV, Col. 1151 ff. Zurück
     
    Nam et veteres nostri tales aut divos aut aeterna memoria dignes non immerito praedicabant. Quum virtus summa sanctitatis sit consocia et pari emantur pretio. Zurück
     
    In den casus virorum illustrium des Boccaccio gehört nur das letzte, neunte Buch der nachantiken Zeit an. Ebenso noch viel später in den Commentarii urbani des Raph.Volaterranus nur das 21. Buch, welches das neunte der Anthropologie ist; Päpste und Kaiser behandelt er im 22. und 23. Buch besonders. - In dem Werke »de claris mulieribus« des Augustiners Jacobus Bergomensis (um 1500), vgl. S. 163, Anm., überwiegt das Altertum und noch mehr die Legende, dann folgen aber einige wertvolle Biographien von Italienerinnen. Bei Scardeonius (de urb. Patav. antiq., Graev. thesaur. VI, III, Col. 405, s.) werden lauter berühmte Paduanerinnen aufgezählt: Zuerst eine Legende oder eine Sage aus der Völkerwanderung; dann leidenschaftliche Tragödien aus den Parteikämpfen des 13. und 14. Jahrhunderts; hierauf andere kühne Heldenweiber; die Klosterstifterin, die politische Ratgeberin, die Ärztin, die Mutter vieler und ausgezeichneter Söhne, die gelehrte Frau, das Bauernmädchen, das für seine Unschuld stirbt, endlich die schöne hochgebildete Frau des 16. Jahrhunderts, auf welche jedermann Gedichte macht; zum Schluß die Dichterin und Novellistin. Ein Jahrhundert später wäre zu all diesen berühmten patavinischen Frauen noch die Professorin hinzugekommen. - Die berühmten Frauen des Hauses Este, bei Ariosto, Orl. XIII. Zurück
     
    Die viri illustres des B. Facius, herausgegeben von Mehus, eines der wichtigsten Werke dieser Art aus dem 15. Jahrhundert, habe ich leider nie zu sehen bekommen. Zurück
     
    Schon ein lateinischer Sänger des 12. Jahrhunderts - ein fahrender Scholar, der mit seinem Lied um ein Kleid bettelt - droht damit. S. Carmina Burana, p. 76. Zurück
     
    Boccaccio, Opere volgari, Vol. XVI, im 13. Sonett: Pallido, vinto etc. Zurück
     
    U. a. bei Roscoe, Leone X., ed. Bossi IV, p. 203. Zurück
     
    Angeli Politiani epp. Lib. X. Zurück
     
    Paul. Jov. de romanis piscibus, Praefatio (1525): Die erste Dekade seiner Historien werde nächstens herauskommen non sine aliqua spe immortalitatis. Zurück
     
    Hiezu vgl. Discorsi I, 27. Die tristizia, Verbrechen, kann grandezza haben und in alcuna parte generosa sein; die grandezza kann von einer Tat jede infamia entfernen; der Mensch kann onorevolmente tristo sein, im Gegensatz zum perfettamente buono. Zurück
     
    Storie florentine, L. VI. Zurück
     
  2. Paul. Jov. Elogia, bei Anlass des Marius Molsa. Zurück

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