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Giorgio Vasari über Raffael

Raffael von Urbino

Geboren am 26. März (Karfreitag) 1483 zu Urbino, gestorben am 6. April (Karfreitag) 1520 zu Rom

Bisweilen sendet der Himmel freigebig und liebreich einem einzigen Menschen den unendlichen Reichtum seiner Schätze, alle Anmut und seltene Gaben, die er sonst in langem Zeitraum unter viele zu verteilen pflegt. Das sieht man deutlich an dem ebenso herrlichen als anmutigen Raffael Sanzio von Urbino. Ihm war von der Natur jene Güte und Bescheidenheit verliehen, die bisweilen solche schmückt, die mehr als andere mit anmutigem Wesen eine liebenswürdige Freundlichkeit verbinden, durch die sie den verschiedensten Menschen stets liebreich erscheinen und Wohlgefallen erwecken. Als die Natur durch die Hand Michelangelos von der Kunst besiegt war, schenkte sie Raffael der Welt, um nicht nur von der Kunst, sondern auch durch gute Sitten übertroffen zu werden.

Raffael wurde am Karfreitag des Jahres 1483 nachts drei Uhr in Urbino, einer berühmten Stadt Italiens, geboren. Sein Vater war Giovanni Santi, als Maler ohne besondere Vorzüge, jedoch ein verständiger Mann und geeignet, seinen Sohn auf den guten Weg zu leiten, der ihm zu seinem Mißgeschick in der Jugend nicht gezeigt worden war.Giovanni Santi (gestorben 1494) war Schüler von Melozzo da Forli und Piero della Francesca; einzelne seiner Bilder in Urbino und den Orten der Umgebung. Giovanni wußte, daß es von Wichtigkeit ist, die Kinder nicht von Ammen, sondern von ihren Müttern nähren zu lassen. Als ihm daher Raffael geboren wurde, dem er zu guter Vorbedeutung diesen Namen gab, sollte die Mutter selbst den Knaben stillen. Es war das erste und einzige Kind, das der Himmel ihm schenkte, und wuchs nach dem Wunsch des Vaters im elterlichen Hause auf, damit es dort im zarten Alter gute Sitten lerne und nicht bei geringen und gemeinen Leuten ein ungefälliges und rohes Betragen annehme. Als sein Sohn größer wurde, fing Giovanni an, ihn in der Kunst der Malerei zu unterrichten, da er sah, daß er dafür soviel Neigung als Talent zeigte. Daher vergingen nur wenige Jahre, bis Raffael, noch ein Kind, seinem Vater schon große Hilfe bei den Arbeiten leistete, die dieser im Staat von Urbino verfertigte.

Endlich erkannte jedoch dieser gute und liebevolle Vater, daß sein Sohn nicht mehr viel lernen könne und beschloß, ihn zu Pietro Perugino in die Lehre zu geben, der ihm als erster Maler seiner Zeit gerühmt wurde. Er begab sich nach Perugia; da jedoch Pietro gerade abwesend war, arbeitete er einiges in San Francesco und wartete ruhig dessen Rückkehr ab. Als dieser dann aus Rom heimkehrte, trat Giovanni, der von guter Erziehung und liebenswürdig war, mit ihm in freundschaftlichen Verkehr. Als es ihm Zeit schien, trug er ihm auf die passendste Weise seinen Wunsch vor, und Pietro, der nicht weniger fein an Sitten als voll Anerkennung für vorzügliche Talente war, nahm Raffael gern als Schüler an. Sehr zufrieden kehrte Giovanni nach Urbino zurück, nahm den Knaben aus den Armen der weinenden Mutter und brachte ihn nach Perugia, wo Pietro, als er nur seine Art zu zeichnen gesehen und sein liebenswürdiges Wesen erkannt hatte, das Urteil über ihn aussprach, das in der Zukunft die Tat bestätigte.

Es ist eine bekannte Sache, daß Raffael in der Schule Pietros dessen Stil so genau und in allen Dingen so getreu nachahmte, daß man seine Bilder nicht von den Originalen des Meisters und ihre Arbeiten nicht voneinander unterschied. Deutlich erkennt man dies an einigen Figuren in San Francesco zu Perugia, die er für Madonna Maddalena degli Oddi auf einer Tafel in Öl malte. Es ist die Madonna, die in den Himmel aufgenommen ist und von Christus gekrönt wird, und darunter rings um das Grab die zwölf Apostel, zu der ewigen Seligkeit aufschauend. Diese Arbeit ist mit unendlicher Sorgfalt ausgeführt, und wer nicht genügend Kenntnis des künstlerischen Stils besitzt, würde fest glauben, daß sie von der Hand Pietros sei, während sie zweifellos von Raffael ist.Jetzt in der Pinacoteca Vaticana in Rom.

Nach diesem Werk, als Pietro in eigenen Geschäften nach Florenz ging, verließ auch Raffael Perugia und begab sich mit einigen seiner Freunde nach Città di Castello, wo er in Sant' Agostino ein Bild in derselben Art und ähnlich in San Domenico einen Kruzifixus malte, den man, stände nicht sein Name darauf, niemals für ein Werk Raffaels, wohl aber für eins von Pietro halten würde.Jetzt in der Pinacoteca Vaticana in Rom.

Während ihm nun dieser Stil großen Ruhm erwarb, wurde Pinturicchio von Papst Pius II. nach Siena gesandt, um die Bibliothek des Domes auszumalen. Er nahm Raffael mit sich, den er als Freund liebte und als einen trefflichen Zeichner kannte. Dieser entwarf ihm dort einige Zeichnungen und Kartons zu jenem Werk und würde weiter damit fortgefahren haben, wenn nicht einige Maler ihm lobpreisend von zwei Kartons im Saal des Palastes zu Florenz erzählt hätten, in deren einem von Leonardo da Vinci ein sehr schöner Reitertrupp dargestellt war, während im anderen Michelangelo Buonarroti, mit Leonardo wetteifernd, mehrere nackte Gestalten gezeichnet hatte, die noch weit vollkommener sind. Raffael ließ aus Begeisterung für die Kunst alle andere Arbeit liegen, vergaß jeden Nutzen und jede Bequemlichkeit und begab sich nach Florenz.

Dort gefiel ihm die Stadt ebenso wie jene gepriesenen Werke, die ihm als göttlich erschienen. Er entschloß sich, einige Zeit dort zu bleiben, und wurde bald mit verschiedenen jungen Malern befreundet. Überall in der Stadt nahm man ihn ehrenvoll auf, besonders Taddeo Taddei, der als ein Verehrer ausgezeichneter Talente ihn stets in seinem Haus und an seinem Tisch haben wollte. Raffael, der die Liebenswürdigkeit selbst war, wollte nicht an Höflichkeit übertroffen sein und malte ihm zwei Bilder, in denen man den früheren Stil nach Pietro und den späteren, viel schöneren erkennt, den er durch Studium erwarb.Die sogenannte Madonna in Grün, bisher im Kunsthistorischen Museum in Wien, das zweite unsicher. Außerdem verband Raffael enge Freundschaft mit Lorenzo Nasi, und als dieser sich in jenen Tagen vermählte, arbeitete er für ihn ein Bild, worin er die Madonna darstellte, wie sie das Christuskind zwischen den Knien hält, dem der kleine Johannes ganz fröhlich und zu großem Vergnügen und Ergötzen beider Kinder einen Vogel reicht. Ihre Stellungen zeigen kindliche und liebevolle Einfalt und sind so trefflich und sorgfältig gemalt, daß man glaubt, sie seien aus Fleisch und Blut und nicht mit Farbe ausgeführt und gezeichnet. Die Madonna hat einen Ausdruck, der wahrhaft voll Anmut und Göttlichkeit ist; die Umgebung, die Landschaft wie das ganze Werk sind herrlich. Lorenzo Nasi hielt dieses Geschenk während seines Lebens hoch in Ehren.Die sogenannte Madonna mit dem Stieglitz, in den Uffizien. Am 9. August 1548 jedoch wurde es zertrümmert, als durch einen Erdrutsch des Hügels von San Giorgio das Haus Lorenzos zugleich mit anderen naheliegenden Gebäuden zugrunde ging. Die einzelnen Stücke fanden sich unter dem Schutt des zerstörten Hauses, und Battista, Lorenzos Sohn, ein großer Verehrer der Kunst, ließ sie wieder zusammensetzen, so gut es gehen wollte. Nach Vollendung der genannten Arbeiten sah Raffael sich gezwungen, Florenz zu verlassen und nach Urbino zu gehen, wo seine Eltern beide gestorben und seine Angelegenheiten in Unordnung waren.

Während seines Aufenthaltes in Urbino malte er für Guido da Montefeltre, damals Feldhauptmann der Florentiner, zwei kleine, aber sehr schöne Madonnenbilder in seinem zweiten Stil, die heute im Besitz des Edlen Herrn Guidobaldo, Herzogs von Urbino, sind. Nachdem er diese Arbeiten vollendet und seine Angelegenheiten geordnet hatte, ging Raffael noch einmal nach Perugia zurück und malte dort für die Kapelle der Ansidei in der Kirche der Serviten eine Tafel, auf der die Madonna, Johannes der Täufer und der heilige Nikolaus dargestellt sind.Madonna mit Heiligen in der National Gallery in London. In San Severo derselben Stadt, einem kleinen Kloster der Camaldulenser, schuf er in der Kapelle der Madonna ein Fresko: Christus in der Glorie mit Gottvater zwischen einigen Engeln und sechs sitzenden Heiligen, drei an jeder Seite. Unter dieses Werk schrieb er seinen Namen.Das Fresko mit der Dreifaltigkeit noch in San Severe in Perugia. Ich muß hier erwähnen, daß Raffael, nachdem er in Florenz die vielen Arbeiten trefflicher Meister gesehen hatte, seinen Stil so veränderte und vervollkommnete, daß er dem früheren in keiner Weise mehr ähnlich war. Ja es schien, als rührten seine ersten Werke von einer anderen, in der Malerei mehr oder weniger geschickten Hand her.

Ehe er Perugia verließ, bat ihn Madonna Atalanta Baglioni, für ihre Kapelle in der Kirche von San Francesco eine Tafel zu malen; da er ihr aber in jener Zeit nicht zu Diensten stehen konnte, versprach er, ihren Wunsch zu erfüllen, wenn er von Florenz zurückgekehrt wäre. Dort nun lag er mit unendlichem Fleiß seinen Studien ob und verfertigte einen Karton, um ihn in der genannten Kapelle zur Ausführung zu bringen, sobald es ihm möglich sei. Während seines Aufenthaltes in dieser Stadt lebte dort Angelo Doni, der in anderen Dingen sparsam war, für Werke der Malerei und Skulptur aber, die er sehr liebte, gerne Geld ausgab, wenn auch so wenig als möglich. Dieser ließ von Raffael sein eigenes Bild nebst dem seiner Gemahlin ausführen.Beide Bildnisse im Palazzo Pitti zu Florenz.

Raffael studierte in Florenz die alten Arbeiten Masaccios und wurde durch das, was er an den Werken Leonardos und Michelangelos sah, zu noch größerem Fleiß, das heißt zu noch höherer Vervollkommnung der Kunst und seines Stiles getrieben. Während seines Aufenthaltes in Florenz stand er auch in naher Freundschaft mit Fra Bartolommeo von San Marco, der ihm sehr wohlgefiel und dessen Farbgebung er nachzuahmen suchte. Dagegen lehrte er jenen guten Pater die Regeln der Perspektive, von denen dieser bis dahin keine Kenntnis besaß.

Nach Perugia zurückberufen, arbeitete er dort zuerst in San Francesco das Werk für die Frau Attalanta Baglioni, zu dem er in Florenz den Karton entworfen hatte. In diesem göttlichen Bild ist eine Grablegung Christi mit solcher Frische und Liebe ausgeführt, daß es jetzt erst gemalt zu sein scheint. Raffael dachte sich, als er dies Werk schuf, den Schmerz, den die nächsten und treusten Angehörigen empfinden, die den Leichnam eines besonders geliebten Verwandten, auf dessen Person das Wohl und die Ehre einer ganzen Familie beruhten, zu Grabe tragen.In der Galleria Borghese in Rom.

Als diese Arbeit zu Ende gebracht und Raffael wieder nach Florenz gegangen war, gaben ihm die Dei, Florentiner Bürger, den Auftrag, eine Altartafel für ihre Kapelle in Santo Spirito zu malen. Den Entwurf hierzu führte er ziemlich weit ausie sogenannte Madonna unter dem Baldachin im Palazzo Pitti in Florenz. und verfertigte gleichzeitig ein Bild, um es nach Siena zu schicken, überließ es jedoch dem Ridolfo Ghirlandaio,Ridolfo Ghirlandaio, Sohn des Domenico Ghirlandaio (1483 bis 1561), Schüler von Fra Bartolommeo; mehrere Bilder in verschiedenen Galerien, wie die Krönung der Maria im Louvre, die Anbetung des Kindes, bisher in Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum, die Himmelfahrt der Maria im Dom zu Prato. damit er ein blaues Gewand vollende, das noch nicht fertig war, als er Florenz verließ.Die Madonna mit dem Kind und Johannesknaben, genannt La Belle Jardinière, jetzt im Louvre in Paris.

Die Veranlassung dazu gab Bramante von Urbino, der damals im Dienste Papst Julius' II. stand. Er war mit Raffael entfernt verwandt und sein Landsmann, deshalb schrieb er ihm, er hätte seinetwegen mit dem Papst unterhandelt, der einige neue Zimmer habe bauen lassen, in denen er seine Tüchtigkeit zeigen könne. Dieser Vorschlag gefiel Raffael, er ließ deshalb die Arbeiten in Florenz und die Tafel der Dei unvollendet und begab sich nach Rom, wo er einen großen Teil der Zimmer im Palast schon gemalt fand, während andere noch von verschiedenen Meistern verziert wurden.

Von Papst Julius aufs huldvollste empfangen, begann dann Raffael im Saale der SegnaturaDie Camera della Segnatura hat ihren Namen davon, daß dort die päpstlichen Urteilssprüche gesiegelt wurden. Vielleicht auch Sitzungssaal des päpstlichen Gerichtshofs. ein Bild, worin er darstellte, wie die Theologen die Philosophie und Astrologie mit der Theologie zu vereinigen suchen und worin alle Weltweisen abgebildet sind, wie sie in verschiedener Art miteinander disputieren. Das ganze Bild ist mit so schöner Ordnung und Ebenmäßigkeit zusammengestellt, daß Raffael dadurch eine glänzende Probe seiner Kunst gab und erkennen ließ, er wolle unbedingt unter allen, die den Pinsel führten, den ersten Platz behaupten. Außerdem schmückte er dieses Werk durch eine schöne Perspektive und eine Menge Gestalten, die in so zarter und weicher Manier ausgeführt sind, daß Papst Julius dadurch veranlaßt wurde, alle Bilder anderer Meister, der älteren wie der neueren, abschlagen zu lassen, und Raffael allein den Ruhm aller Bemühungen hatte, die in solchen Werken bis dahin geleistet worden waren.

Über diesem Bilde befand sich ein Werk von Giovan Antonio Sodoma von Vercelli.Giovanni Antonio Bazzi, genannt Sodoma, geboren 1477 zu Vercelli, gestorben 1549 in Siena. Sein Hauptwerk sind die 24 Fresken aus dem Leben des heiligen Benedikt für das Kloster Monte Oliveto. Obwohl es nach dem Befehl des Papstes heruntergeschlagen werden sollte, wollte sich doch Raffael dessen Einteilung und der Grotesken bedienen, und zeichnete in vier runde Felder je eine Figur, die in Beziehung zu den Darstellungen darunter stand und dieser zugewendet war. Über der ersten, wo er die Philosophie, Astrologie, Geometrie und Poesie gemalt hatte, die sich mit der Theologie vereinigen, sieht man eine weibliche Figur als die Erkenntnis der Ursachen aller Dinge. Im andern Rund gegen das Fenster nach dem Belvedere zu ist die Poesie in Gestalt der lorbeerbekränzten Polyhymnia dargestellt. Auf dieser Seite malte er über dem genannten Fenster später den Parnaß. In dem nächsten Rund oberhalb des Bildes, wo die heiligen Doktoren die Messe lesen, schuf er die Theologie, von Büchern und anderen Gegenständen umgeben, und über dem Fenster nach dem Hof zu malte er die Gerechtigkeit mit ihrer Waage und dem entblößten Schwert.

In den Gewölbezwickeln schuf er vier Geschichten, mit größter Sorgfalt gezeichnet und gemalt, die Figuren aber von mäßiger Größe. In der einen, zunächst der Theologie, gab er den Sündenfall Adams, das Essen des Apfels, in der anmutigsten Art. Über der Astrologie sieht man diese selbst, wie sie die Planeten und Fixsterne an ihren Ort setzt. Über dem Parnaß ist der an einen Baum gebundene Marsyas, der von Apoll geschunden wird, gemalt, und gegenüber dem Bild, wo die Dekretalien gegeben werden, befindet sich das Urteil Salomos, und zwar der Moment, wo das Kind geteilt werden soll. Alle diese vier Bilder sind voll tiefem Sinn und von großer Wirkung, sehr gut gezeichnet und von duftigem und anmutigem Kolorit. Nachdem nun die Wölbung, das heißt der Himmel dieser Stanze vollendet war, bleibt uns noch zu erzählen, was er Wand für Wand unterhalb der genannten Gegenstände darstellte.

An der Wand gegen das Belvedere, wo der Parnaß und die Quelle des Helikon sich befinden, malte er um den Berg einen schattigen Lorbeerhain, in dessen Grün man gleichsam das Zittern der von sanften Winden bewegten Blätter erkennt. Eine Menge nackter Liebesgötter mit den lieblichsten Gesichtern schweben in der Luft, pflücken Lorbeerzweige, flechten Kränze und streuen sie auf dem Berge aus. Dort scheint fürwahr der Hauch der Gottheit zu wehen in der Schönheit der Gestalten wie in der Vornehmheit der Malerei. Wer dieses Bild aufmerksam betrachtet, muß erstaunen, wie ein sterblicher Geist durch das unvollkommene Mittel einfacher Farben mit Hilfe herrlicher Zeichnungen gemalte Dinge als lebend erscheinen lassen kann. Für lebend hält man auch die Dichter, die auf dem Berge verteilt sind. Alle älteren und neueren Dichter bis auf seine Zeit sind nach Statuen, Medaillen und alten Bildern, mehrere auch von ihm selbst nach dem Leben gezeichnet.

Auf der folgenden Wand ist der Himmel dargestellt: Christus, die Madonna, Johannes der Täufer, die Apostel, Evangelisten und Märtyrer thronen auf den Wolken, und Gottvater gießt über alle den Heiligen Geist aus, ganz besonders über eine große Zahl Heiliger, welche unten die Messe schreiben und über die Hostie, die auf dem Altar steht, disputieren. Man sieht unter ihnen die vier Kirchenväter, von vielen Heiligen umgeben. Die Heiligen sitzen in einem Kreis in der Luft und erscheinen durch die schönen Farben wie lebend, durch die vollkommen ausgeführten Verkürzungen wie Reliefs. Die Gewänder haben den schönsten Faltenwurf, und der Ausdruck der Köpfe ist mehr göttlich als menschlich. Das Antlitz Christi spricht alle Milde und Barmherzigkeit aus, die ein Bild sterblichen Augen zeigen kann.

Auf der Wand endlich, wo sich das Fenster nach dem Hof befindet, malte er an einer Seite Justinian, der den Doktoren die Gesetze gibt, um sie zu verbessern; oberhalb des Fensters die Mäßigkeit, Stärke und Klugheit und an der anderen Seite den Papst, der die kanonischen Dekretalien verleiht. In der Gestalt dieses Papstes ist Julius II. nach dem Leben dargestellt, neben ihm der Kardinal Giovanni de' Medici, später Papst Leo, der Kardinal Antonio di Monte und der Kardinal Alessandro Farnese, später Papst Paul III., nebst anderen Bildnissen. Der Papst war durch die Arbeiten Raffaels sehr zufriedengestellt, und damit die um die Wände laufenden Vertäfelungen der Malerei würdig wären, ließ er aus Monte Oliveto, einem Kloster im Gebiet von Siena, den Fra Giovanni von Verona kommen, der damals in perspektivischen Darstellungen von eingelegter Holzarbeit berühmt war. Dieser verfertigte nicht nur die Vertäfelungen ringsumher, sondern auch sehr schöne Türen und Sitze mit perspektivischen Verzierungen, wodurch er beim Papst viel Gunst, Belohnung und Ehre erwarb.

Das Talent Raffaels entfaltete sich immer mehr, und er mußte im Auftrag des Papstes auch das zweite Zimmer bei dem großen Saal verzieren. In jener Zeit malte er das Bildnis des Papstes Julius II. in Öl so lebendig und ähnlich, daß man es fast mit Zagen betrachtet, als ob man wirklich den Lebenden vor sich habe.Jetzt in den Uffizien in Florenz. Raffael hatte in Rom großen Ruhm erlangt. Aber obgleich er einen anmutigen Stil besaß, der jedermann gefiel, und obschon er unaufhörlich die vielen Kunstwerke des Altertums, die ihm dort vor Augen waren, studierte, so hatte doch bis dahin seinen Gestalten eine gewisse Größe und Majestät gefehlt, die er ihnen von nun an erteilte.

Michelangelo nämlich hatte zu jener Zeit dem Papst einen heftigen Auftritt gemacht, ihn in Schrecken gesetzt und deshalb nach Florenz fliehen müssen. Unterdessen hatte Bramante die Schlüssel zu der Kapelle und ließ nun seinen Freund Raffael die Arbeiten Michelangelos sehen, damit er dessen Verfahren kennenlerne. Diese Besichtigung gab den Anlaß, daß Raffael in Sant' Agostino zu Rom den Propheten Jesaias über der heiligen Anna von Andrea Sansovino noch einmal ganz neu malte, obwohl er ihn schon vollendet hatte. Die Kenntnis der Arbeitsweise Michelangelos brachte ihn dahin, seinem Werke eine bedeutendere Größe und mehr Würde zu verleihen.Heute noch in Sant' Agostino in Rom. Michelangelo aber, als er die Arbeit Raffaels sah, dachte nicht mit Unrecht, Bramante habe ihm dies Übel zugefügt, um Raffael Ruhm und Nutzen zu verschaffen.

Bald nachher gab Agostino Chigi, ein reicher sienesischer Kaufmann und Verehrer aller vorzüglichen Menschen, Raffael den Auftrag, eine Kapelle zu verzieren. Denn kurz zuvor hatte Raffael in einer Loggia seines Palastes, heute die Villa Chigi genannt, auf höchst anmutige Art eine Galatea, von Delphinen in einem Wagen auf dem Meer gezogen und von Tritonen und Meergöttern umgeben, gemalt.Die sogenannte Villa Farnesina in Rom mit dem Hauptbild: Der Triumph der Galatea. Die Freude an diesem Werk veranlaßte Agostino, ihm die Ausschmückung der Kapelle der Kirche Santa Maria della Pace zu übertragen. Er malte sie in Fresko nach einer neuen, etwas reicheren und größeren Art, als er es früher getan hatte. Hier stellte Raffael einige Sibyllen und Propheten dar, ehe noch die Kapelle Michelangelos öffentlich zugänglich gemacht wurde, während er sie schon gesehen hatte. Diese gelten für seine beste Arbeit, für die schönste unter so vielen schönen, denn in den Frauen und Kindern dieses Bildes sieht man die größte Lebendigkeit und ein vollkommenes Kolorit, und dieses Werk erwarb ihm im Leben und nach dem Tode hohen Ruhm, da man es für das seltenste und trefflichste erkannte, das Raffael während seines Lebens geschaffen hatte.

Dann malte er auf Bitten eines Kämmerers von Papst Julius das Bild für den Hochaltar von Araceli, in dem er eine Madonna in den Wolken über einer wundervollen Landschaft darstellte und in ihr die Heiligen Johannes, Franziskus und Hieronymus.Die sogenannte Madonna von Foligno, jetzt in der Pinacoteca Vaticana in Rom. Darauf setzte er in den Zimmern des päpstlichen Palastes seine Arbeiten fort und malte dort das sogenannte Sakramentswunder von Orvieto oder Bolsena. In diesem Bild sieht man den Priester, wie er die Messe liest und von Scham erglüht, als um seines Unglaubens willen die Hostie blutet. Mit verstörten Augen, durch den Anblick seiner Zuhörer der Fassung beraubt, hat er das Aussehen eines schwankenden, unsicheren Menschen, und man glaubt, seinen Schrecken, fast das Zittern seiner Hände zu gewahren, das in solchem Zustand eintritt. Ringsumher zeichnete Raffael eine Menge verschiedener Gestalten. An der anderen Seite sieht man Papst Julius, der die Messe hört, ein wundervoller erhabener Gedanke. Die Fensteröffnung benutzte er, um eine stufenförmige Erhöhung vorzustellen, die das Bild zu einem Ganzen macht, ja es scheint, als ob die Fensterhöhlung gar nicht fehlen dürfe. Deshalb kann er sich mit Recht rühmen, daß kein Maler in Erfindung und Zusammenstellung aller Arten von Bildern mehr Geschick, Leichtigkeit und Trefflichkeit hatte. Dies zeigt sich auch bei einem anderen, dem genannten gegenüberstehenden Bilde, auf dem Petrus von Herodes gefangengesetzt und von Kriegern bewacht wird. Dort sind die Architektur und die einfache Zeichnung des Kerkers so sinnvoll geordnet, daß im Vergleich damit in den Werken anderer Künstler ebensoviel Verwirrung herrscht, als in den seinigen Schönheit. Er suchte stets die Begebenheiten so treu darzustellen, wie sie geschrieben sind, und ausgezeichnete und gefällige Dinge in seinen Arbeiten anzubringen. Hier zeigt er das Grauen des Kerkers; mit Ketten beschwert sieht man den Alten zwischen zwei Kriegern. Man gewahrt den tiefen Schlaf, in dem die Wachen liegen; das strahlende Licht des Engels erhellt die dunkle Nacht, läßt alle Einzelheiten des Kerkers unterscheiden und glänzt auf den Waffen der Krieger wider, so daß die beleuchteten Teile in Wirklichkeit poliert und nicht gemalt zu sein scheinen. Ebenso große Kunst und Erfindung bewies er in dem anderen Teil desselben Bildes: die Ketten Sankt Peters sind gefallen, vom Engel geleitet tritt er aus dem Kerker und zeigt in seinem Gesicht, daß es für ihn mehr ein Traum als Wirklichkeit ist – ebenso wie man Schrecken und Entsetzen bei den anderen Wächtern bemerkt, die bewaffnet außerhalb des Gefängnisses den Lärm der eisernen Pforte hören. Eine Schildwache mit einer Fackel in der Hand weckt die anderen, und während sie ihnen leuchtet, glänzt das Licht der Fackel auf den Waffen, und wo dies nicht hinfällt, werden die Gegenstände vom Mond erleuchtet. Raffael brachte dieses geistreich erdachte Bild über dem Fenster auf der dunkelsten Wand an. Betrachtet man es, so fällt einem das Tageslicht in die Augen und steht in schönem Gegensatz zu den verschiedenen Lichtern der Nacht. Man glaubt den Rauch der Fackel, das Leuchten des Engels und das Dunkel der Nacht nicht gemalt, sondern in Wahrheit zu schauen: mit solcher Deutlichkeit wußte er alle diese schwierigen Erfindungen darzustellen. Auf den Waffen sieht man den Schattenwurf, den Auffall der Lichter und ihren Widerschein und den Qualm mit so matten Tönen so herrlich gemalt, daß Raffael der Lehrmeister der anderen Künstler genannt werden kann.

Auf einer der glatten Wände stellte er den Gottesdienst der Juden dar, die Bundeslade, den Kandelaber und Papst Julius, der die Habgier aus dem Tempel jagt, – ein Werk von gleich großer Schönheit und Güte wie das obengenannte Nachtstück. Einige darauf dargestellte Sesselträger sind Bildnisse damals lebender Personen; sie tragen Papst Julius II. der wahrhaft lebendig zu sein scheint. In der Wölbung darüber malte Raffael wieder vier Erzählungen: die Erscheinung Gottes bei Abraham mit dem Versprechen einer großen Nachkommenschaft, die Opferung Isaaks, die Himmelsleiter Jakobs und den brennenden Dornbusch des Moses. In allem erkennt man die gleiche Kunst, Erfindung, Zeichnung und Anmut wie in seinen übrigen Arbeiten.

In dieser Zeit, als das Glück den Künstler so Wunderbares leisten ließ, starb durch den Neid des Schicksals Julius II., der Förderer solcher Tüchtigkeit und Liebhaber alles Guten. Ihm folgte Leo X.; er wollte das begonnene Werk fortsetzen. Dadurch wurde Raffaels Talent bis zum Himmel erhoben und brachte ihm reichen Gewinn, denn er hatte einen mächtigen Fürsten gefunden, dem als Erbgut seines Hauses Liebe zur Kunst eigen war.

Raffael ließ es sich daher angelegen sein, sein Werk fortzuführen, und stellte auf der anderen Wand Attilas Ankunft in Rom dar. Papst Leo III. empfängt ihn am Fuße des Monte Mario und scheucht ihn durch die Kraft seines Segens zurück. In diesem Bilde zeigte Raffael die beiden Apostel Petrus und Paulus mit gezückten Schwertern, zur Verteidigung der Kirche in der Luft stehend. Zwar meldet die Geschichte Leos III. nichts von diesem Ereignis, Raffael jedoch wollte es nach seinem Einfall darstellen, wie Malerei und Dichtkunst sich häufig solche Freiheit erlauben, um ihre Werke zu schmücken, ohne sich jedoch über Gebühr von ihrem ursprünglichen Gedanken zu entfernen.

Als dann Lorenzo Pucci zum Kardinal von Santi Quattro und Oberpönitentiar gewählt war, tat Raffael ihm den Gefallen, für San Giovanni in Monte zu Bologna ein Bild zu malen, in dem er zeigte, was die Anmut zusammen mit der Kunst durch die zarte Hand eines Raffael hervorbringen kann. Es ist eine heilige Cäcilie, die durch einen Engelchor im Himmel geblendet auf den Klang hört, ganz überwältigt von der Harmonie, und man sieht in ihrem Gesicht jenes völlige Außersichsein, das man im Leben bei denen sieht, die in Verzückung geraten.Die Vision der heiligen Cäcilie, jetzt in der Pinacoteca in Bologna. Man mag wohl andere Bilder Gemälde nennen die Werke Raffaels aber sind Leben, denn das Fleisch lebt, man sieht das Atmen, Empfindungen leben in seinen Gestalten, und man erkennt in ihnen eine natürliche Lebhaftigkeit. Danach malte er ein kleines Bild mit kleinen Figuren. Man sieht darauf einen Christus, der dem Jupiter ähnlich in den Wolken schwebt; um ihn sind die vier Evangelisten, wie sie Ezechiel beschreibt: der eine als Mensch, der andere als Löwe, der dritte als Adler und der letzte als Stier. Unter ihnen stellt eine kleine Landschaft die Erde dar. Dieses Bild ist in seiner Kleinheit nicht weniger kostbar und schön als andere Arbeiten in ihrer Größe.Die Vision des Ezechiel im Palazzo Pitti in Florenz. Nach Verona schickte er an den Grafen von Canossa ein großes Gemälde von gleichem Wert: eine Geburt Christi. Sehr darin gerühmt wird das schöne Morgenrot und die Gestalt der heiligen Anna, so daß man es nicht besser preisen kann, als wenn man sagt: es ist von der Hand Raffaels von Urbino.Die Heilige Familie, bisher im Prado zu Madrid, die sogenannte Perle. Für den jungen Bindo Altoviti verfertigte er sein Bildnis, das für ganz hervorragend gehalten wird,Das Porträt des Altoviti bisher in der Alten Pinakothek in München. und ebenso ein Gemälde der Madonna, das er nach Florenz schickte. Darauf ist die heilige Anna in hohem Alter sitzend dargestellt, sie reicht der Madonna ihren Sohn, der von so großer Schönheit im Nackten und in den Gesichtszügen ist, daß sein Lächeln jeden zur Freude bringt, der ihn anschaut. Im Hintergrund befindet sich ein Gebäude mit einem bespannten Fenster, das dem Zimmer Licht gibt, in dem sich die Personen aufhalten.Die sogenannte Madonna dell' Impannata im Palazzo Pitti in Florenz.

In Rom malte er in einem Bild von ziemlicher Größe den Papst Leo, den Kardinal Giulio de' Medici und den Kardinal de' Rossi, worin die Gestalten wie im Relief erscheinen. Man sieht die Fasern des Samts; der Damast, der den Papst umkleidet, rauscht und glänzt, die Haare des Pelzfutters sind weich und natürlich und Gold und Seide der Wirklichkeit gleich. Ein mit Miniaturen geschmücktes Pergamentbuch ist täuschender als die Wirklichkeit und eine silberne Glocke so schön, daß man keine Worte findet, es auszudrücken. Dies Werk gab dem Papst Veranlassung, Raffael reichlich zu belohnen,Leo X. mit seinen Nepoten, jetzt im Palazzo Pitti in Florenz. Ebenso malte er die Bildnisse der Herzöge Lorenzo und Giuliano mit jener Vollkommenheit in Kolorit und Anmut, die nur ihm eigen war.

Der Ruhm Raffaels und die Belohnungen, die er empfing, stiegen immer mehr, daher ließ er zu seinem Gedächtnis im Borgo Nuovo in Rom einen Palast erbauen, den Bramante mit Stuck verzierte. Durch alle diese und andere Arbeiten war sein Ruf nach Frankreich und Flandern gedrungen. Der Deutsche Albrecht Dürer, ein sehr bewundernswerter Maler, der vorzügliche Kupferstiche verfertigte, schickte ihm als Tribut seiner Huldigung einen Kopf, sein eigenes Bildnis in Guaschmalerei auf ganz feiner Leinewand ausgeführt, so daß es sich auf beiden Seiten zeigte. Die Lichter waren durchschimmernd, nicht mit weiß aufgesetzt, sondern auf der Leinwand ausgespart, alles übrige mit Aquarellfarben gemalt und verziert. Raffael bewunderte dies sehr und sandte Dürer eine Menge Blätter von seiner Hand gezeichnet, die dieser ungemein wert hielt.In der Albertina in Wien befindet sich ein Blatt mit zwei männlichen Akten und der Notiz von Dürers Hand, daß sie Raffael ihm im Jahre 1515 zugeschickt habe. Doch werden die Zeichnungen Giulio Romano zugeschrieben. Da Raffael gesehen hatte, wie Albrecht Dürer bei seinen Kupferstichen zu Werke ging, wünschte er ebenfalls zu zeigen, was er in dieser Kunst vermöge. Deshalb ließ er den Marco AntonioDer Kupferstecher Marcantonio Raimondi, etwa 1480 bis 1534. aus Bologna Übungen in dieser Kunst anstellen, und da sie ihm trefflich gelangen, ihn seine ersten Sachen drucken, nämlich das Blatt mit dem Kindermord, ein Abendmahl, den Neptun und die heilige Cäcilia, die in Öl gesotten wird. Marco Antonio verfertigte außerdem noch eine Anzahl Kupferstiche für Raffael, und dieser gab sie später dem Baviera, seinem Malerjungen, der für ein Mädchen sorgte, das Raffael bis an sein Lebensende liebte. Von ihr malte er ein Bild von großer Schönheit und Lebendigkeit.Die sogenannte Velata im Palazzo Pitti in Florenz.

Raffael malte darauf eine Tafel für das den Olivetanermönchen gehörige Kloster Santa Maria dello Spasmo in Palermo und stellte darauf Christus dar, der sein Kreuz trägt. Dieses Werk wird als bewundernswert von allen anerkannt.Die Kreuztragung kam in den Prado zu Madrid. Das schöne Bild lief Gefahr, zugrunde zu gehen, ehe es den Ort seiner Bestimmung erreichte. Es war, wie man erzählt, eingeschifft worden, um nach Palermo gebracht zu werden. Das Fahrzeug jedoch, das es übers Meer trug, zerschellte an einer Klippe, so daß Menschen und Waren untergingen – mit Ausnahme jenes Bildes. Es trieb in dem Kasten, worin es verpackt war, in den Meerbusen von Genua, wurde dort aufgefischt, ans Land gebracht und sicher, aufbewahrt, als man sah, welch göttliches Werk es sei. Völlig unversehrt war es ganz ohne Makel geblieben, denn selbst Stürme und Wogen hatten Achtung vor solch einem Bild. Der Ruf davon verbreitete sich, und die Mönche versuchten, es wiederzubekommen. Mit Mühe gelang es ihnen durch die Hilfe des Papstes, und sie gaben denen, die es gerettet hatten, reiche Belohnung. Aufs neue eingeschifft, gelangte es nach Sizilien und wurde in Palermo aufgestellt, wo es berühmter ist als der feuerspeiende Berg.

Während Raffael diese Arbeiten vollführte, die er nicht abweisen konnte, weil die Aufträge von bedeutenden Personen kamen oder er sie auch um seines eigenen Interesses willen nicht ausschlagen mochte, unterließ er nicht, die begonnene Ausschmückung der päpstlichen Zimmer und Säle fortzuführen. Er hielt dort beständig Leute, die nach seinen Zeichnungen das Werk förderten, sah fortwährend jedes einzelne nach und legte überall die letzte Hand an, um eine so große Verpflichtung nach Möglichkeit zu erfüllen. So konnte er nach kurzer Zeit das Zimmer des Torre Borgia aufdecken. Er hatte darin auf jeder Wand ein Bild gemalt, zwei über den Fenstern und zwei auf den beiden freien Wänden. Auf der einen erblickt man den Brand des Borgo Vecchio zu Rom, der nicht zu löschen war, bis Leo IV. sich nach der Loggia des Palastes begab und durch seinen Segen das Feuer völlig dämmte. Das zweite Bild stellt eine andere Begebenheit aus dem Leben Leos IV. dar. Man sieht darauf den Hafen von Ostia, von einer türkischen Flotte belagert. Sie war gekommen, den Papst gefangenzunehmen, und wird von den Christen auf dem Meer bekämpft. Schon sind eine Menge Gefangener nach dem Hafen gebracht; sie steigen aus einer Barke, von den Soldaten am Bart gerissen. Ihre Gesichtszüge sind schön, die Stellungen wild, – mit den mannigfaltigsten Schifferkleidungen angetan, werden sie vor den Papst gebracht, der als Leo X. dargestellt ist. In den beiden anderen Bildern ist Leo X. zu sehen, der den allerchristlichsten König Franz I. von Frankreich salbt. Das letzte Bild stellt die Krönung des ebengenannten Königs dar; der Papst und Franz I. sind darin nach dem Leben gezeichnet, dieser bewaffnet, jener im päpstlichen Ornat.

Es ist unmöglich, alle Kleinigkeiten in Raffaels Werken zu beschreiben, wo jeder Gegenstand in seinem Stillschweigen dennoch zu reden scheint. Aber ich muß noch anführen, daß unterhalb der genannten Bilder sich Postamente befinden mit verschiedenen Verteidigern und Wiederherstellern der Kirche, von allerlei Hermen eingeschlossen. Sie sind in einer Weise ausgeführt, daß sich überall Geist, Wärme, Überlegung und eine Übereinstimmung des Kolorits finden, wie es besser nicht erdacht werden kann. Da die Decke dieses Zimmers von Pietro Perugino, dem Lehrer Raffaels, gemalt war, wollte er sie nicht zerstören, zur Erinnerung an den Meister und aus der Zuneigung, die er für ihn hegte, da dieser ihn zuerst der Stufe zugeführt hatte, die er in der Kunst jetzt einnahm.

Raffaels künstlerischer Geist war so umfassend, daß er in ganz Italien, ja sogar in Griechenland Zeichner hielt, und er ließ nicht nach, sich alles zu verschaffen, was zum Nutzen der Kunst dienen konnte. In Fortführung seiner Arbeiten im Vatikan verzierte er einen Saal, wo verschiedene Apostel und Heilige im Tabernakel in grüner Erde gemalt waren. Dort ließ er durch seinen Schüler Giovanni da Udine, der in Nachbildung von Tieren nicht seinesgleichen hatte, alle fremden Tiere anbringen, die Papst Leo besaß: das Chamäleon, die Zibetkatze, Affen, Papageien, Löwen, Elefanten und andere fremdartige Bestien. Raffael verzierte den päpstlichen Palast auch mit Grotesken und mannigfaltigen Fußböden und verfertigte die Zeichnungen zu den Treppen und den Loggien, die von Baumeister Bramante angefangen, nach seinem Tode aber unvollendet liegengeblieben waren. Sie wurden nach der neuen Zeichnung und Architektur Raffaels weitergeführt, der ein Holzmodell dazu verfertigte, mit größerer Gliederung und reicherem Schmuck als jenes von Bramante.

Da nun Papst Leo die Größe seiner Freigebigkeit und Herrlichkeit zeigen wollte, verfertigte Raffael die Zeichnungen zu den Stuckverzierungen und den Bildern, die dazwischen gemalt sind. Den Giovanni da Udine setzte er als Leiter über die Arbeit der Stukkaturen und Grotesken und den Giulio Romano über die der Figuren, obwohl dieser wenig daran tat. Und Raffael ließ alles mit solcher Vollkommenheit ausführen, daß er sogar den Fußboden aus Florenz von Luca della Robbia kommen ließ. Sicherlich kann man in Malerei, Stukkatur, Architektur und schöner Phantasie kein herrlicheres Werk vollführen noch ersinnen. Seine Schönheit war die Veranlassung, daß Raffael zum Aufseher aller Malereien und Bauten im Palast gesetzt wurde. An allen Türen und sonstigen Holzverkleidungen wurden Schnitzarbeiten angebracht, die Gian Barile mit Zierlichkeit und Geschmack vollendete. Er zeichnete auch die Architektur zu der Gartenvilla des PapstesDie sogenannte Villa Madama in Rom, für den Kardinal Giuliano de' Medici, späteren Papst Clemens VII. entworfen, beim Sacco di Roma 1527 stark zerstört, 1935 restauriert. und zu mehreren Häusern im Borgo.

Für die Schwarzen Mönche von San Sisto zu Piacenza malte er ein Bild für ihren Hauptaltar. Man sieht darin die Madonna, den heiligen Sixtus und die heilige Barbara, ein überaus kostbares und wunderbares Werk.Die sogenannte Sixtinische Madonna, bisher in Dresden. Für Frankreich schuf er viele Gemälde und besonders für den König einen heiligen Michael, der mit dem Teufel kämpft, ein Werk, das sehr bewundert wurde. Er malte auch Beatrice von Ferrara und andere Frauen, besonders aber seine Geliebte und unendlich viele andere. Raffael war sehr zur Zärtlichkeit geneigt und den Frauen zugetan und deshalb stets bereit, ihnen zu dienen.

Als Agostino Chigi, sein treuer Freund, von ihm das erste Geschoß seines Palastes malen ließ, konnte Raffael aus Sehnsucht nach seiner Geliebten immer nur kurze Zeit bei der Arbeit bleiben. Darüber geriet Agostino ganz in Verzweiflung; endlich brachte er es durch eigenes wie anderer Zureden mit großer Mühe dahin, daß Raffael seine Geliebte nach seinem Hause mitbrachte, wo sie stets in dem Teil weilte, in dem Raffael arbeitete. Dadurch allein wurde schließlich das Werk vollendet. Raffael zeichnete dazu alle Kartons und malte viele Figuren mit eigener Hand in Fresko.Raffael malte damals in der Farnesina die Geschichte Amors und der Psyche nach dem Märchen des Apuleius. Er verfertigte auch die Architekturordnung für die Ställe Chigis und den Entwurf zu der Kapelle des Agostino in der Kirche Santa Maria del Popolo. Er malte sie aus und traf außerdem Anordnungen, ein bewunderungswürdiges Grabmal zu errichten.

Raffael war zu solcher Größe gelangt, daß Leo X. befahl, er solle den großen Saal malen, in dem die Siege Konstantins dargestellt sind, und er begann das Werk. Außerdem hatte der Papst das Verlangen, reiche Teppiche von Gold und Seide weben zu lassen. Raffael verfertigte hierzu mit eigener Hand farbige Kartons genau in der Form und Größe, wie sie gewirkt werden sollten. Man schickte sie nach Flandern, und als die Teppiche vollendet waren, kamen sie nach Rom. Das Werk wurde so wunderbar ausgeführt, daß der Betrachter in Staunen versetzt wird und nicht begreifen kann, wie es möglich war, Haare und Barte so zu weben und mit dem Faden dem Fleische Weichheit zu verleihen. Das Ganze ist eher ein Wunder als ein Werk menschlicher Hand. Wasser, Tiere und Gebäude sind mit einer Vollkommenheit ausgeführt, daß sie nicht wie gewebt, sondern wie mit dem Pinsel gemalt erscheinen. Der Preis, der dafür gezahlt wurde, betrug siebzigtausend Skudi.Es waren zehn Teppiche, die für die unteren Wände der Sixtinischen Kapelle bestimmt waren. Die Originale in der Pinacoteca Vaticana in Rom. Von den Kartons sind noch sieben im Victoria and Albert Museum in London erhalten, aber übermalt.

Für den Kardinal und Vizekanzler Giulio de' Medici malte Raffael ein Bild von der Verklärung des Heilandes. Es sollte nach Frankreich kommen, und mit eigener Hand fortwährend daran beschäftigt, gab er ihm die letzte Vollendung. In diesem Bild zeichnete er Gestalten und Köpfe von so außerordentlicher neuer und mannigfaltiger Schönheit, daß alle Künstler in dem Urteil übereinstimmen, unter den vielen Werken, die er ausführte, sei dies das rühmlichste, das schönste und glücklichste. Wer erkennen will, wie man Christus zur Gottheit verklärt darstellen muß, der komme und schaue ihn auf diesem Bild.Die Verklärung Christi; nach dem Tode Raffaels von Giulio Romano beendet, jetzt in der Pinacoteca Vaticana in Rom. Es ist, als habe dieser göttliche Geist alle Kraft aufgeboten, die er besaß, um in dem Angesicht des Heilandes die Macht und Gewalt der Kunst zu offenbaren, denn nachdem er es vollendet hatte, als das Letzte, was ihm zu vollbringen oblag, rührte er keinen Pinsel mehr an, da der Tod ihn überraschte.

Nachdem er gebeichtet und bereut hatte, starb er an demselben Tag, an dem er geboren wurde, am Karfreitag, in einem Alter von siebenunddreißig Jahren. Wie seine Fähigkeiten die Erde verschönten, so ist zu glauben, daß seine Seele den Himmel schmückt. In dem Saal, worin er zuletzt arbeitete, stellte man nach seinem Tod zu seinen Häupten das Bild von der Verklärung Christi auf, und wer dies lebende Gemälde und diesen toten Körper betrachtete, dessen Seele wurde von tiefem Schmerz erschüttert. Der Verlust Raffaels bestimmte den Kardinal, jenes Bild auf dem Hochaltar von San Pietro in Montorio aufstellen zu lassen, und es wurde immer wegen der Kostbarkeit jeder dargestellten Gebärde sehr hoch geschätzt. Sein Körper empfing ein ehrenvolles Begräbnis, wie es einem so edlen Geist geziemte, denn es war kein Künstler in Rom, der ihn nicht schmerzlich beweinte und zu Grabe geleitete.Raffael wurde in Rom im Pantheon beigesetzt, wo nur noch die Grabschrift erhalten ist. Ihr Verfasser war der Kardinal Bembo. Sie lautet:

Hier liegt Raffael. Sorge bedrängte die Mutter des Lebens,
Daß er, verschont, sie besieg', stürbe er, stürbe auch sie.
Tiefe Trauer brachte sein Tod dem ganzen päpstlichen Hofe, erstens weil er zu Lebzeiten das Amt eines Kammerherren bekleidet hatte und dann, weil ihn der Papst so sehr geliebt hatte, daß sein Verlust ihn bitterlich weinen ließ.

Wohl konnte beim Tod dieses edlen Künstlers auch die Malerei sterben, denn als er die Augen schloß, blieb sie fast blind zurück. Uns aber, den Hinterbliebenen, steht es zu, die gute oder vielmehr beste Weise nachzuahmen, die er uns zum Vorbild gegeben hat, sein Andenken dankbar im Herzen zu bewahren, wie unsere Pflicht und Verdienste es fordern, und durch das Wort ihm ein ehrenvolles Andenken zu stiften.

 

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