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William Shakespeare - 154 Sonetten

Sonett LXII

Der Selbstsucht Sünde hält mein Aug’ umfangen,
Beherrschet meinen Geist, mein ganzes Sein,
Nicht Gegenmittel weiß ich zu erlangen,
Da tief die Sünd’ im Herzen wurzelt ein.
Kein Antlitz dünkt so hold mich als das meine,
Kein Wesen zeiget so der Wahrheit Zier;
Den eignen Werth bestimm’ ich mir alleine,
Es kann kein Werth vergleichen sich mit mir.
Doch wenn mein Selbst im Spiegel ich gewahr’
Verfallen und gebeugt von Alters Last,
Der Eigenliebe wird’s dann offenbar,
Welch sünd’ge Neigung ich für mich gefaßt.
Du, mein Ich, bist’s, was ich verehr’ in mir;
Die Schönheit borgt mein Alter sich von dir!

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