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XXV.
Phaeton.

Jupiter und Helios.

Jupiter. Was hast du da gemacht, du Heillosester aller Titanen? Die ganze Erde ist beynahe darüber zu Grunde gegangen, daß du deinen Wagen einem unbesonnenen Knaben anvertraut hast, die eine Hälfte hat er verbrannt, weil er ihr zu nahe kam, und die andere mußte vor Frost verderben, weil er sich zu weit von ihr entfernte: kurz, er hat alles in die äußerste Zerrüttung und Verwirrung gesetzt, und hätte ich nicht noch in Zeiten wahrgenommen was vorgieng, und ihn mit meinem Donnerkeil vom Wagen herunter geschmissen, es würde vom ganzen Menschengeschlecht, nicht ein Gebein mehr übrig seyn; so einem saubern Kutscher hast du deinen Wagen zu führen gegeben!

Helios. Ich habe gefehlt, Jupiter; aber zürne nicht so sehr, daß ich den inständigen Bitten eines Sohnes nachgegeben habe! Wie konnte ich mir vorstellen, daß ein solches Unglück daraus entstehen würde?

Jupiter. Wußtest du etwa nicht, wie viel Geschicklichkeit dieses Geschäffte erfodere, und daß er nur ein wenig aus dem Wege zu fahren brauche, um alles zu ruiniren? Kanntest du den raschen Muth deiner Pferde nicht, und wie nöthig es ist, sie scharf im Zügel zu halten, und daß sie gleich durchgehen, sobald man nur ein wenig nachläßt? Die Probe haben wir an diesem jungen Wagehalse gesehen, mit dem sie bald auf, bald ab, bald rechts, bald links, bald gar nach der entgegengesetzten Richtung davonrannten, ohne daß er sich ihrer erwehren konnte.

Helios. Das alles wußte ich nur gar zu wohl; und eben deßwegen, weil ich ihm nicht zutraute, daß er meinen Wagen würde führen können, widersetzte ich mich ihm sehr lange, da er mich aber so flehentlich und mit Thränen bat, und seine Mutter Clymene ebenfalls so heftig in mich stürmte, so ließ ich mich endlich zwar erbitten, und setzte ihn auf den Wagen, sagte ihm aber zugleich alles was er zu beobachten hätte, wie er sich stellen müßte um recht fest zu stehen, wie weit er mit verhängten Zügeln in die Höhe fahren und wie er dann wieder niederwärts lenken müsse, und wie er es zu machen habe, um immer Herr vom Zügel zu bleiben und so feurigen Rossen nichts zu übersehen; ich sagte ihm auch, wie groß die Gefahr wäre, wenn er nicht immer gerade vorwärts führe. Aber freylich ist es nur gar zu natürlich, daß ein noch so junger Mensch, wie er sich rings um mit so viel Feuer umgeben sah, und in die unermeßliche Tiefe hinabblickte, den Kopf verlohr, und daß die Rosse, sobald sie merkten, daß sie nicht ihren gewohnten Führer hätten, den Knaben verachteten, mit ihm durchgiengen, und alles dieß Unheil anrichteten; denn vermuthlich ließ der arme Junge, aus Furcht herabzufallen, die Zügel fahren, und hielt sich an dem Wagen fest. Aber wir sind beyde gestraft genug, Jupiter; er durch seinen Tod, und ich durch das Leid, worein er mich gesetzt hat1).

Jupiter. Gestraft genug, sagst du, für einen so großen Frevel? Doch für diesmal verzeih' ich dir: wenn du dich aber künftig wieder auf eine ähnliche Art vergehen, und einen solchen Stellvertreter an deinen Platz schicken wirst, sollst du auf der Stelle erfahren, um wie viel feuriger das Feuer meines Blitzes als das deine ist! - Inzwischen sollen ihn seine Schwestern, am Ufer des Eridanus, wo er vom Wagen herabfiel, begraben, Bernstein auf ihn weinen2), und vor Jammer zu Pappeln werden. Du aber stelle unverzüglich deinen Wagen wieder her - denn die Deichsel ist zerbrochen und das eine Rad zerschmettert - dann spanne deine Pferde wieder vor, und fahre zu! Aber vergiß nicht was ich gesagt habe!


  1. Wer das Gemählde das Ovid im 2t. Buche der Verwandlungen, in seiner luxurianten Manier von dieser Wundergeschichte macht, mit diesem Dialog vergleichen will, wird auf den Gedanken kommen müssen, daß Lukian entweder den lateinischen Dichter hier und da berupft habe, oder daß beyde bey einerley Quelle an einander getroffen. Zurück
     
  2. Die Thränen der Schwestern des Phaeton, (welche als Töchter des Helios gewöhnlich die Heliaden hießen) wurden in Bernstein verwandelt. Ovid am a. O. Zurück

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Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.

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