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II.
Jupiters Beschwerden gegen Amorn.

Jupiter, Amor.

Amor. Und wenn ich auch was gefehlt habe, so verzeyh' es mir; ich bin eben noch ein Kind und unverständig.

Jupiter. Du ein Kind? und bist noch älter als der Iapetus!1) Wie? weil du noch keinen Bart und keine grauen Haare hast, möchtest du gerne für ein Kind passiren, da du doch so alt und so voller Schelmerey bist!

Amor. Aber was hab' ich dir denn, wenn ich so ein Greis bin, zu Leide thun können daß du mich binden willst?

Jupiter. Sind das etwa Kleinigkeiten, du gottloser Bube, daß du, bloß um deinen Muthwillen mit mir zu treiben, alles mögliche schon aus mir gemacht hast? Oder liegt es etwa nicht bloß an dir, daß mich auch nicht eine einzige Sterbliche lieben will; so daß ich mir nicht anders zu helfen weiß, als Zauberey gegen sie zu gebrauchen, und zum Satyr, zum Stier, zum Adler und zum goldnen Regen werden muß2), wenn ich ihnen beykommen will. Und was gewinne ich damit? Sie lieben den Stier oder Schwan, und sterben vor Angst sobald sie mich in meiner eigenen Gestalt sehen.

Amor. Das geht sehr natürlich zu, wie sollten sie, da sie nur Sterbliche sind, Jupiters Anblick ertragen können?

Jupiter. Wie kommt es denn, daß Apollo sich vom Branchus3) und Hyacinthus lieben machte?

Amor. Daphne hingegen lief vor ihm davon, wiewohl er ein glattes Kinn und die schönsten Haare von der Welt hat. Wenn du geliebt seyn willst, so lege deinen Blitz und diese fürchterliche Ägide bey Seite, mache dich so angenehm als möglich, laß deine struppichten Locken fein auskämmen, zu beyden Seiten zierlich aufwinden und mit einer goldenen Haarbinde zusammenschlingen, zieh einen schönen Purpurrock und Halbstiefel von vergoldetem Leder an, laß Pfeiffen und Paucken vor dir hergehen, und siehe dann ob du nicht ein schöneres Gefolge von Nymphen bekommen wirst als Bacchus selbst.

Jupiter. Geh mit deinem albernen Rathe! Ich verlange um diesen Preis nicht liebenswürdig zu seyn.

Amor. So solltest du auch den Liebhaber nicht spielen wollen. Das wäre doch so schwer nicht?

Jupiter. Schwer oder nicht, dem Vergnügen der Liebe will ich nicht entsagen, ich will nur daß es mir wenig Mühe koste. Dieß zu bewerkstelligen ist deine Sache, und unter dieser Bedingung soll dir dießmal noch verziehen seyn!


  1. Nehmlich nach der Götter Genealogie des Hesiodus, vermöge deren Amor so alt ist als das Chaos und die Erde, die Mutter des Iapetus, und der übrigen Titanen, unter denen Kronos oder Saturnus, Jupiters Vater, der jüngste war. Zurück
     
  2. Zum Satyr bey Antiope, zum Stier bey Europa, zum Schwan bey Leda, zum Goldregen bey Danae. Er hätte das Register noch ansehnlich vermehren können: denn, außer den genannten Schönen, betrog er die Io als Nebel, die Kallisto als Diana, die Ägina als Feuer, die Mnemosyne als Schäfer, die Klytoria als Ameise, die Asteria als Adler, seine Schwester und nachmalige Gemahlin Juno als Wiedehopf, und die Alkmene in Gestalt ihres eigenen Mannes. Zurück
     
  3. Dieser Branchus war der Stifter einer unter dem Nahmen der Branchiden bekannten Familie zu Milet, die, von ihrem Urahnherrn her, im Besitz eines sehr angesehenen Orakels des Apollo Didymäus war. Der römische Dichter Statius macht ihn zu einem Sohne des Apollo. Lukian erwähnt seiner noch einmal in der Rede über einen schönen Saal [in vorliegender Auswahl nicht enthalten]. Zurück

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Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.

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