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Tychiades. Wie kömmt das, Simon? Alle andere Menschen, Freygebohrne und Sclaven haben irgend eine Kunst gelernt, wodurch sie sich selbst und andern nützlich sind: du hingegen kannst, so viel ich weiß, nichts womit du dir etwas erwerben oder einem andern dienen könntest.
Simon. Wie meynst du das, Tychiades? du mußt deutlicher fragen, wenn ich dich verstehen soll.
Tychiades. Kannst du irgend eine von den freyern und edlern Künsten, als, zum Beyspiel, die Musik?
Simon. Gott bewahre!
Tychiades. Also vielleicht die Arzneykunst?
Simon. Auch diese nicht.
Tychiades. Aber die Feldmeßkunst?
Simon. Nichts weniger.
Tychiades. Etwa die Rhetorik? Denn nach der Philosophie will ich gar nicht fragen; von der bist du wohl so weit entfernt als die Schelmerey von der Tugend.
Simon. O, wenn's möglich wäre, möcht' ich noch weiter von ihr seyn!2) daß du dir also nicht einbildest, du habest mir da etwas vorgerückt das ich nicht wisse und eingestehe! Ja, ich bin ein Taugenichts, und gewiß noch um ein gutes Theil mehr als du denkst.
Tychiades. Das mag leicht seyn. Doch, vielleicht hast du keine von jenen Künsten gelernt, weil sie sehr schwer sind und große Fähigkeiten erfodern; aber dagegen irgend eine von den gemeinem Professionen, etwa das Zimmer- oder Tischler- oder Schusterhandwerk? denn deine Umstände sind eben nicht so, daß dir eine von diesen Künsten nicht gute Dienste thun sollte.
Simon. Da hast du Recht, Tychiades, und doch verstehe ich auch keine von diesen.
Tychiades. Welche andere also?
Simon. Welche andere? Meiner Meynung nach eine sehr edle. Ich denke du selbst sollst sie loben, wenn du sie lernen willst. Was die Praxis betrift, darin glaube ich dir alle Vortheile und Handgriffe zeigen zu können, wenn ich gleich nicht geschickt genug bin, mich in einen weitläufigen Discurs darüber einzulassen.
Tychiades. Und wie soll denn diese Kunst heissen?
Simon. Ich glaube die Theorie derselben noch nicht genug durchgedacht zu haben: du wirst also nicht ungehalten werden, daß ich dir jetzt weiter nichts sagen kann als dies: ich verstehe eine gewisse Kunst. Was für eine, sollst du bald hören.
Tychiades. Ich kann nicht lange warten.
Simon. Der Nahme - weil ich ihr doch einen Nahmen geben soll - wird dir sehr wunderlich klingen, wenn du ihn hören wirst.
Tychiades. Um so ungeduldiger bin ich ihn zu hören.
Simon. Ein andermal, Tychiades.
Tychiades. Nicht doch! gleich auf der Stelle; es wäre denn daß du ihn aus Schamhaftigkeit nicht nennen dürftest.
Simon. Nun, so sag' ich dir also - die Parasitik.3)
Tychiades. Aber welcher Mensch, der bey seinen Sinnen ist, wird denn das eine Kunst nennen?
Simon. Der Mensch bin ich; und wenn du mich deswegen für toll hältst, so denke, daß eben meine Tollheit Schuld ist, daß ich keine andere Kunst gelernt habe, und sprich mich deshalben von allen weitern Vorwürfen frey. Denn man sagt, diese Göttin4), wie übel sie auch sonst mit ihren Besitzern umgehe, befreye sie von der Zurechnung dessen was sie sündigen, und nehme immer, wie ein Lehrmeister oder Pädagog, alle Schuld auf sich selbst.
Tychiades. Die Parasitik wäre also eine Kunst, Simon?
Simon. Allerdings ist sie eine Kunst, und ich bin ihr Schöpfer.
Tychiades. Du bist also ein Parasit?
Simon. Und du glaubst mich damit recht geschimpft zu haben, nicht wahr?
Tychiades. Aber schämst du dich denn nicht, dich selbst einen Parasiten zu nennen?5)
Simon. Gewiß nicht! Ich würde mich schämen wenn ich diesen Nahmen nicht verdiente.
Tychiades. Zum Jupiter! wenn wir dich also an jemand zu präsentiren hätten, so müßten wir sagen, dieß ist der Parasit Simon?
Simon. Eben so unbedenklich, und noch mehr, als wenn ihr den Phidias einen Bildhauer nennt. Denn ich habe gewiß nicht weniger Freude an meiner Kunst als Phidias an seinem Jupiter.
Tychiades nachdem er ausgelacht. Laß dichs nicht verdrießen daß ich so lachen muß; es ist mir eben was sehr lächerliches eingefallen.
Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.
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