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Kraftvoller Appell an die UNEigentlich habe ich keine Kraft für eine derartige Aufregung. Ich bin viel zu krank, und bin eigentlich nervlich nicht in der Lage, mich derart zu echauffieren. Seit 8 Minuten läuft das EM Finale. Ich schaue nicht hin, weil ich mich bewegt fühle. Sehr sogar. Ich bin total aufgeregt. Nach 4 Tagen bin ich jetzt mit dem Buch Mystik und Widerstand von Dorothee Sölle fertig. Kurz vor Schluß des Buches dachte ich: "Ihr bescheuerten Theologen, ihr habt alle dieses Buch gelesen, nehmt Dorothee Sölle als große Theologin und Streiterin für ihren Glauben in all euren Seminaren durch, und keiner von euch kommt auf die Idee, das auch einmal im großen Stil umzusetzen." Lesen kann man viel, wenn der Tag lang ist. Toll finden kann man auch viel. Doch was mache ich damit? Was macht Gott mit mir, nachdem ich mit dem Lesen fertig bin? Heute ist der 10. Juli 2016. Wir sind im dritten Jahrtausend. Globalisierungskritiker brauchen wir nicht mehr. Die Globalisierung ist schneller, als der Schall. Während ich hier in Berlin an diesem Text schreibe, unterhalten sich andere weltweit über twitter, facebook oder whatsapp über den Spielstand des EM Finales oder all die Köstlichkeiten in meiner ersten Welt, die es zum Beispiel im nördlichen Afrika nicht gibt, und die es zu erreichen wert sind, noch heute Nacht den gefährlichen Weg übers Mittelmeer nach Europa zu wagen. Etwa in - na sagen wir mal - zwei Wochen tagt der UN Sicherheitsrat, und berät über Hilfslieferungen und UN Friedenstruppen in den Südsudan. In der Zeit sind aber noch wesentlich mehr Menschen dahinter gekommen, wieviel besser es mir und den Meinigen in meiner ersten Welt geht. das Internet macht es ihnen ja Minute für Minute schmackhaft. Ich kann es ihnen nicht verdenken, wenn sie das mit mir teilen wollen. Sie müssen meiner Meinung nach auch nicht erst warten, bis bei ihnen der Krieg ausbricht, damit sie bei uns Asyl bekommen. Ich habe vollstes Verständnis, wenn sie auch etwas von meinem Reichtum als Grundsicherungsempfängerin abhaben möchten. Ungarn führt demnächst eine Volksbefragung durch, ob überhaupt Flüchtlinge ins Land kommen dürfen. Asyl hin oder her. Die Briten haben sich auf den Brexit geeinigt. Kim Jong Un verbarrikadiert sein Nordkorea so, daß niemand weder rein, noch raus kann. Australien schickt Asylsuchende auf einsame Inseln. Weltweit ist niemand bereit, zu teilen. Es gab Zeiten, da sind die Europäer nach Afrika gezogen, und haben Kolonien gegründet, sich einfach alles unter den Nagel gerissen. Die Afrikaner mußten sich unterordnen, wer nicht gehorchte, wurde ermordet. Und als sie wieder weg waren, überließen sie die Afrikaner ihrem Schicksal. Heute wird der Regenwald für Palmölplantagen gerodet. Alles nur, damit es der ersten Welt gut geht. Und überhaupt, meine erste Welt. Ich kann mir von meiner Grundsicherung gerade so eine Jeans für 7,50 € bei Kik leisten. Um's Verrecken darf ich nicht daran denken, daß diese Jeans in Bangladesh von ausgebeuteten Näherinnen für nichtmal 10 Cent Stundenlohn genäht wurde. Ich muß es vergessen. Ich in meiner tollen ersten Welt. Und ich darf auch nicht daran denken, daß diese Näherin vielleicht ein Handy mit Internet besitzt und sehen kann, wie es mir mit ihrer Jeans geht. Dorothee Sölle beschreibt es sehr genau in ihrem brillianten Werk Mystik und Widerstand. Und sie fragt auch, welche Religion ich im dritten Jahrtausend haben werde. Es ist aberwitzig, wenn ich daran denke, daß dieses reiche Europa in seiner ersten Welt jetzt die Türkei bezahlt, damit wir keine oder nur wenige Flüchtlinge mehr bekommen. 225.000 Flüchtlinge sollen dieses Jahr bis heute übers Mittelmeer geflohen sein. 12500 davon sind im Juni in Deutschland angekommen. Wir sind so ein reiches und großes Europa. Wir wollen unsere erste Welt nicht teilen, und noch viel schlimmer: es gibt Menschen bei uns die zu Gott beten, daß er sie vor noch mehr Flüchtlingen bewahrt. Wie heißt es in der goldenen Regel, die alle Religionen gemein haben, noch so schön: „Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“. Ja, dann ist der Bewohner in der dritten Welt auch der Andere. Ich in meiner ersten Welt bin einerseits dankbar, daß mich meine Eltern adoptiert haben, und andererseits dankbar, überhaupt in dieser ersten Welt leben zu dürfen. Mein Gott findet, daß es Zeit ist, zu teilen. Schon in der Schule vor 35 Jahren war ich der Meinung, daß es nur eine Welt gibt. und für diese eine Welt gibt es die Vereinten Nationen. Alle haben sich zusammen getan. Dann müssen auch alle eine schnelle Entscheidung treffen, daß es nur eine Welt wird und nicht mehrere. Wir leben im digitalen Zeitalter. Die Zeit rennt uns davon. Nicht nur wir erfahren in jeder Sekunde, wie es den Menschen in der dritten Welt ergeht. Auch sie erfahren in jeder Sekunde, wie es uns geht. Nur wenige Menschen teilen sich den gesamten Weltreichtum. Es ist Aufgabe der UN daran etwas zugunsten der ärmeren Menschen zu ändern, . Frau Bundeskanzlerin Merkel, Sie sollen die mächtigste Frau der Welt sein. Dann nutzen sie ihre Macht. Tun Sie sich so schnell es geht mit all den anderen Mächtigen zusammen, und unternehmen Sie etwas. Und all ihr Theologen, tut euch weltweit mit anderen Theologen zusammen, und unternehmt etwas. Dorothee Sölle habt ihr gelesen. Habt ihr sie auch verstanden? Es nützt nichts, wenn eine Kirchengemeinde in 5 Jahren für eine Schule im Südsudan Geld sammelt. Das alles muß wesentlich schneller und umfassender im Sinne von globalisierter Organisation erfolgen, dann ist das Geld in einem Monat zusammen, wenn man z.b. Medien wie facebook, twitter oder whatsapp nutzt. man muß es nur seriös regeln können. Industrie 4.0 hört sich fantastisch an, die Weltwirtschaft freut sich. Es wäre schön, wenn sich auch die Ärmsten der Armen darüber freuen könnten. Bitte beeilt euch. Unsere Zeit ist kurz und kostbar.
Text: Susanne Albers (2016) Günter Gaus im Gespräch mit Dorothee Sölle (1969)
https://www.youtube.com/watch?v=vXCbrxEasbM
Dorothee Sölle - Gott hat zu wenig Freunde auf der Welt (Gespräch)
https://www.youtube.com/watch?v=H136ybvTfs0
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