Fangen wir mal mit dem Lamm an. Das ist wieder so eine Allegorie. Gemeint ist das Lamm Gottes, also Jesus Christus. Du findest es häufiger in religiösen Darstellungen an Stelle der Figur Christi. Jetzt zeige ich dir das ganze Gemälde und erläutere die dargestellten Personengruppen, die alle zum Beten gekommen sind:
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In der Mitte steht das geopferte Lamm auf einem Altar vor einem Kelch, der das tropfende Blut auffängt. Die österlichen Instrumente und Symbole werden von Engeln gehalten, die rund um den Altar knieen. Im Vordergrund dieser blumigen Hügellandschaft sind links und rechts vom Brunnen, aus dem der Quell des Lebens sprudelt, zwei Pilgergruppen dargestellt, die sich ins Angesicht blicken. Links sind Patriarchen und Propheten des Alten Testaments dargestellt. Rechts findest du Figuren aus dem Neuen Testament. Einige knien barfuß. Hinter ihnen ist analog zur Hierarchie in der katholischen Kirche der Klerus versammelt. Es sind Päpste, Dekane und Bischöfe, die mit Juwelen behangen sind und deren Kleidung im knalligen Blutrot des Martyriums gemalt ist. Im Hintergrund findest du zwei weitere Gruppen, die sich so ansehen, als würden sie sich nicht aus dem Gebüsch trauen. Links die Inquisitoren, also die Angstverbreiter. Rechts das Jungfrauenmartyrium, gezeigt durch Jungfrauen, die Palmwedel und Blumenkronen tragen.
Wir hatten schon das Thema Triptychon (3-teiliges Altargemälde mit Flügeln), und wir sprachen auch schon über Jan van Eyck. Dieses Gemälde von van Eyck gehört nun zu einem Polyptychon (poly = griech. viel), und zwar zu einem ganz Besonderen. Es ist der Genter Altar von 1432 in Öl auf Holz. Alles zusammen hat ein Ausmaß von 350 x 461 cm und steht heute in der St. Bavo Kathedrale in Ghent. Das will aber nichts heißen. Denn nach Vollendung ereilte den Altar ein wechselhaftes Schicksal. Während des Bildersturms war er im Kirchturm versteckt, wurde dann im Rathaus deponiert, in der Französichen Revolution nach Frankreich entführt, nach der Schlacht von Waterloo 1816 an die Stadt Gent zurückgegeben, dann in Teilen von einem Generalvikar verkauft, so daß er in Brüssel und Berlin auftauchte, nach dem ersten Weltkrieg nach Südfrankreich ausgelagert, von Hitler in ein österreichisches Salzbergwerk verschleppt und schließlich von den Alliierten nach 1945 an Belgien überstellt. Bis jetzt hast du nur einen kleinen Ausschnitt aus diesem großen Polyptychon gesehen. Es wird also Zeit, mal einen Blick auf den zugeklappten Altar zu werfen:
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Ach ja, vergiß nicht, wer zahlt ist drauf. Links und rechts unten siehst du das Stifterehepaar: den Ratsherren Jodocus Vijd und seine Gattin Elisabeth Borluut. Und wenn nun dieses Polyptychon aufgeklappt wird, dann findest du sowohl Adam und Eva, als auch die Darstellung Gottes aus den anderen Rätseln wieder. Und ganz unten kannst du die Anbetung des Lammes betrachten.
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Ich möchte nicht unerwähnt lassen, daß es manchen Streit gab, ob es nun Jan van Eyck oder sein Bruder Hubert war, der sich hier als Hauptmaler betätigte. Auf jeden Fall war der Auftraggeber ein Jahr nach der Fertigstellung so populär, daß er Bürgermeister von Gent wurde. Jan van Eyck - Ghenter Altar - Bilderläuterungen und Spiel - Genter Altar - Paare finden |