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VII.
Musarion und ihre Mutter.

Die Mutter, spöttisch. Wenn wir noch so einen Liebhaber finden, Musarion, wie dieser Chäreas ist, so können wir weniger nicht thun als daß wir der Venus Pandemos eine weisse Ziege, der Urania und der in den Gärten jeder eine junge Kuh opfern, und die Plutodoteira1) über und über mit Blumenkränzen umhängen; wir wären auf immer die glücklichsten Leute in der ganzen Welt. Das mußt du mir doch selbst gestehen daß es ein freygebiger junger Herr ist! Wenn er, seit dem du ihn kennst, auch nur mit einem armen Doppelbatzen hervorgerückt wäre! Nur ein Halstuch, oder ein paar Schuhe, oder ein Pommadetöpfchen wenigstens! Aber nichts! Nichts als Entschuldigungen, und Versprechungen und weit hinausgeschobene Hofnungen, und das ewige »Wenn mein Vater - Wenn ich Herr von meinen Erbgütern seyn werde, - dann ist alles dein« - Sagst du nicht, er habe dir mit einem Eide versprochen daß er dich sogar heurathen wolle?

Musarion. Ja, Mutter, das hat er mir bey den beyden Göttinnen2) und bey der Polias3) geschworen!

Mutter. Und du bist eine Närrin und glaubst ihm? Und drum gabst du ihm neulich, da er keinen Heller hatte um das Kränzchen, das er geben mußte, zu bezahlen, ohne mein Vorwissen deinen Ring vom Finger? der ist nun verkauft und durch die Gurgel gejagt! Und wo sind die zwey Ionischen Halsketten hingekommen, deren jede zwey Dariken wog,4) womit dich der Schiffsherr Praxias beschenkt hatte, und die er expreß für dich zu Ephesus hatte machen lassen? Die sind auch fort! Denn freylich brauchte der holde Chäreas Geld, um sein Contingent zu einem großen Schmause den jungen Herren seines Alters zu erlegen. Um wie viele Schleyer und Unterröcke er dich schon gebracht hat, daran mag ich gar nicht denken. Wahrhaftig, der Mensch ist ein rechter Schatz, den wir gefunden haben!

Musarion. Aber dafür ist er schön, und hat noch ein glattes Kinn, und sagt mir mit heissen Thränen daß er mich liebe, und ist der Dinomache und des Areopagiten Laches einziger Sohn, und verspricht mich zu heurathen, und wir haben die größten Hofnungen von ihm, sobald der Alte die Augen zumacht.

Mutter. Wenn wir also ein paar Pantoffeln nöthig haben, und der Schuster acht Groschen verlangt, so wollen wir ihm sagen: Geld haben wir zwar nicht, aber Hofnungen in Menge; nimm dir etliche davon an Zahlungs statt! Den Becker fertigen wir künftig auf die nehmliche Art ab; und will der Hausherr seinen Miethzins haben, so sagen wir ihm: Gedulde dich nur bis der alte Laches todt ist, nach der Hochzeit wollen wir dich richtig bezahlen. Schämst du dich nicht in dein Herz hinein, daß du die einzige unter allen Hetären bist, die keine Ohrenringe, kein Halsband, nicht einmal eine Tarentinische Schemise hat?5)

Musarion. Sind sie darum etwa glücklicher und schöner als ich?

Mutter. So sind sie wenigstens klüger und verstehen ihr Handwerk. Sie lassen sich nicht mit glatten Wörtchen abspeisen, und glauben nicht an die Schwüre, die solchen jungen Windbeuteln schaarenweis auf den Lippen sitzen. Aber du bist eine treue zärtliche Seele, und lebst einzig für deinen lieben Chäreas! Wie tractiertest du neulich den jungen Akarnanischen Weinbauer, den sein Vater mit einem Fuder Wein in die Stadt zu Markte geschickt hatte? Der hatte doch auch noch keinen Bart, aber einen desto gespicktern Beutel; und so einen Kundsmann, der dir von seinem gelößten Gelde zwey baare Minen anbot, weisest du verächtlich ab, und letzest dich dafür mit deinem Adonis Chäreas!

Musarion. Ich hätte ihn also sitzen lassen; und dem bocksenden Bauerlümmel die Zeit vertreiben sollen? Das wäre ein feiner Tausch!

Mutter. Nu, Nu! Er ist freylich nur ein Bauerjunge, und riecht nicht zum besten. Das möchte dir noch hingehen. Aber was hattest du gegen den Antipho, des Menekrates Sohn, einzuwenden, der eine Mine geben wollte? Der ist doch ein so feiner junger Herr aus der Stadt als Chäreas immer? Warum wurde auch der abgewiesen?

Musarion. Chäreas drohte uns alle beyde umzubringen, wenn er mich jemals bey ihm antreffen würde.

Mutter. So? Sind dergleichen Drohungen etwa was ungewöhnliches? Um deswillen sollst du also ohne Liebhaber bleiben, und so keusch leben wie eine Priesterin der Ceres? Wofür wärst du denn eine Hetäre? Doch nichts weiter davon! Die Haloa6) fangen heute an; was hat er dir zum Fest für ein Present gemacht?

Musarion. Der arme Schelm hat nichts, Mutter; was sollt' er mir geben können?

Mutter. Er ist also der einzige, der kein Mittel ausfindig machen kann, Geld von seinem Vater zu erwischen? Hat er keinen Sclaven der dem Alten was vorlügen konnte? Oder warum begehrt er nicht was von seiner Mutter? Konnt' er ihr nicht drohen, er wolle auf und davon gehen und Soldat werden, wenn sie ihm nichts gebe? Aber da sitzt er mit den Händen im Schoos, und zehrt uns auf, giebt selbst nichts, und will doch nicht leiden daß wir von andern, die so gerne gäben, etwas annehmen! Aber du solltest klüger seyn, Musarion! Meynst du denn du werdest immer achtzehn Jahre alt bleiben? Oder bildest du dir ein, Chäreas wenn er einst selber reich ist, und seine Mutter ihm eine Braut mit vielen Tausenden aufgefunden hat, werde gesinnt bleiben wie jetzt? Denkst du, er werde sich seiner Thränen und Küsse und Eidschwüre erinnern, wenn er eine Mitgift von fünf baaren Talenten auf dem Tische liegen sieht?

Musarion. Das wird er ganz gewiß! Und ein Beweis davon ist, daß er nicht bereits eine Frau genommen, sondern es seiner Familie, die ihn beynahe mit Gewalt dazu nöthigen wollte, rein abgeschlagen hat.

Mutter. Ich wünsche daß er dich nicht hintergehe! Aber du wirst noch an mich denken, Musarion!


  1. Die Reichthumgeberin, ein Beywort, das nach Tib. Hemsterhuys Bemerkung in einem der Orphischen Hymnen der Eleusinischen Ceres gegeben wird. Zurück
     
  2. Ceres und Proserpine. Zurück
     
  3. Minerva Polias, d. i. Schutzgöttin der Stadt Athen. Zurück
     
  4. Der Darik (dareikoV) war eine in Griechenland, Kleinasien, Syrien und Persien gewöhnliche Goldmünze, die ihren Nahmen von Darius Hystaspis Sohn hatte, der sie zuerst schlagen ließ. In der Folge ließen auch die Macedonischen, Syrischen und andere Könige Münzen von gleichem Werthe schlagen, die z. B. Philippei, Alexandrei, u. s. w. oder, nach unsrer Art zu reden Philippd'or, Alexanderd'or, aber gewöhnlich auch Dariken hießen, so wie man bey uns alle Fünfthaler Stücke, es mögen nun wirkliche alte Louis, oder Friedrichsd'or, Augustd'or, Carld'or, u. s. w. seyn, im gemeinen Leben Louisd'or zu nennen pflegt. Der Darik wog an Golde von 23 Carat fein zwey Drachmen, und galt bey den Griechen (vermöge des bey ihnen eingeführten Verhältnisses des Goldes zum Silber) 20 Silberdrachmen. Eduard. Bernard de Mensur. et ponder. antiquis p. 171. Otho Sperling. de nummis non cusis, cap. 21. Diesemnach hätten die beyden Halsketten der Musarion zusammen nicht mehr als zwey Loth gewogen, und ihr größter Werth müßte in der Feinheit und Zierlichkeit der Fasson bestanden haben. Zurück
     
  5. tarantinidion. Ein weibliches Kleidungsstück von einem sehr feinen durchsichtigen Zeug, der zu Tarent fabriziert wurde. Was es eigentlich für eine Form hatte, ist unbekannt; ich habe also proprio Marte eine Schemise daraus gemacht, weil ich vermuthe daß es wohl der sogenannte leinene Nebel des Petronius seyn könnte. Zurück
     
  6. Ein Fest der Ceres. Zurück

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Ein herzlicher Dank an Volker für die Übersendung der Ursprungsdatei.

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